Laut WIFO-Konjunkturprognose hat Österreich die Rezession überwunden und steuert auf eine leichte wirtschaftliche Erholung zu. Aktualisierte Daten zeigen zudem, dass die letzten Rezessionsjahre weniger stark waren als bisher angenommen. Die anhaltend hohe Teuerung bei Grundbedürfnissen wie Wohnen, Energie und Nahrungsmitteln bleibt eine Herausforderung, insbesondere für die zunehmende Zahl an Arbeitslosen im Jahr 2025. Die Beschäftigten leisten ihren Beitrag zur Bewältigung dieser Herausforderungen. Jetzt sind Unternehmen und die Bundesregierung am Zug.
Rezession der letzten beiden Jahre schwächer als bisher angenommen
Die aktuelle WIFO-Prognose erwartet eine wirtschaftliche Erholung unter schwierigen Rahmenbedingungen. Zur Unsicherheit tragen internationale Spannungen, die verschärfte US-Zollpolitik, die zunehmende Konkurrenz durch China und die angespannte österreichische Budgetsituation bei. Aktualisierte Daten der vergangenen Jahre zeigen aber, dass die beiden letzten Rezessionsjahre weniger stark waren als bisher angenommen. All diese Faktoren zusammen führen für heuer zu einem prognostizierten Wirtschaftswachstum von +0,3 Prozent und im Jahr 2026 zu einem Zuwachs von +1,1 Prozent.
Der private Konsum bildet dafür eine wesentliche Stütze, insbesondere dauerhafte Konsumgüter wie Autos werden wieder stärker nachgefragt. Der Handel profitiert besonders davon, und auch in der Beherbergung und Gastronomie gibt es kleine Lichtblicke. Auch die Situation in der besonders krisengebeutelten Industrie wird in der neuen Prognose etwas optimistischer gesehen: Der Rückgang der Wertschöpfung fällt mit -0,5 Prozent weniger gravierend aus, als die Wirtschaftsforscher:innen bislang befürchtet hatten. Zudem deuten Unternehmensbefragungen in der Industrie auf eine zunehmend optimistischere Stimmung hin. Trotz dieser positiven Anzeichen ist die Lage in der Industrie nach wie vor herausfordernd. Die jüngsten Lohn- und Gehaltsabschlüsse der Metaller:innen sind Krisenabschlüsse und als Vorleistung der Beschäftigten im Sinne der gesamtwirtschaftlichen Verantwortung einzustufen.
Inflation bleibt hoch – was treibt die Preise?
Auch die hohe Inflation bleibt länger, als viele erwartet haben, und birgt sowohl wirtschaftliche als auch soziale Herausforderungen. Seit Jahresbeginn nimmt die Teuerung wieder merklich zu und erreichte im August 2025 mit +4,1 Prozent den Höchstwert seit 17 Monaten. Das WIFO korrigiert daher auch die Prognose zur Inflation nach oben. Im Jahresdurchschnitt wird die Inflation heuer voraussichtlich 3,5 Prozent erreichen, im kommenden Jahr immerhin noch 2,4 Prozent und damit klar über dem 2-Prozent-Ziel der Europäischen Zentralbank. Einerseits ist der anhaltende Inflationsabstand zur Eurozone eine Herausforderung für exportorientierte Unternehmen, andererseits leiden insbesondere ärmere Haushalte besonders unter den wichtigsten Preistreibern. Denn gerade die Preise der Grundbedürfnisse wie Wohnen, Energie und Lebensmittel sind in den letzten Jahren stark gestiegen.
Aufgrund der niedrigen Nettoersatzraten beim Arbeitslosengeld und der Notstandshilfe zählen arbeitslose Menschen und insbesondere Langzeitarbeitslose häufig zum ärmsten Einkommensdrittel. Ihnen fehlen im Gegensatz zu Beschäftigten die kräftigen Lohnabschlüsse der letzten Jahre, die einen Teil der Preissteigerungen abfedern konnten. Erschwerend kommt die Aussetzung der Valorisierung von Sozialleistungen hinzu, die im Budget 2025/26 von der Bundesregierung ausgeweitet wurde.
Im Bereich der Energie sind mit Jahresanfang Entlastungsmaßnahmen ausgelaufen – gleichzeitig sind höhere Netzentgelte hinzugekommen. Die Mietpreisbremse der alten Bundesregierung kam leider viel zu spät, was in den letzten Jahren zu massiven Mietpreissteigerungen führte. Die diesjährige Ausweitung auf den (vergleichsweise günstigen) Bereich der geregelten Mieten (Gemeindebau, Genossenschaften und Altbaumieten) entspannt zumindest die Situation der Mieter:innen mit bestehenden Verträgen in diesem Bereich ein wenig. Die Situation am privaten Mietmarkt bleibt jedoch sehr angespannt – ob der derzeit diskutierte Gesetzesentwurf über eine Verschärfung der Mietpreisbremse in den nächsten Jahren eine Verbesserung bringt, gilt es noch abzuwarten. Bei den deutlich stärker als die allgemeine Inflation gestiegenen Lebensmittelpreisen fehlen immer noch gezielte Maßnahmen. Hier gibt es dringenden Handlungsbedarf, den „Österreich-Aufschlag“ abzuschaffen und Preistransparenz entlang der Wertschöpfungskette herzustellen, um die Lebensmittelpreise rasch zu senken.
Situation am Arbeitsmarkt bleibt schwierig
Die anhaltend hohe Zahl an Insolvenzen sowie Standortverlagerungen und Entlassungswellen bei großen Unternehmen mit vielen Beschäftigten sorgen für eine weiterhin schwierige Lage am Arbeitsmarkt. Für 2025 rechnet das WIFO mit rund 396.400 Arbeitslosen (inklusive Schulungsteilnehmer:innen) – das sind 23.000 mehr als 2024. Die Arbeitslosenquote steigt damit auf 7,5 Prozent, ehe sie im Zuge einer stärkeren Erholung im Jahr 2026 nur geringfügig zurückgehen dürfte.
Obwohl die Zahl der Beschäftigten in den letzten drei Jahren erstaunlich stabil blieb, ist die Arbeitslosigkeit deutlich gestiegen. Zwischen September 2024 und 2025 zeigt sich laut AMS ein Anstieg der Arbeitslosigkeit insbesondere in der Warenherstellung (+8,8%), dem Verkehr (+8,7%) dem Handel (+9,8%) sowie im Gesundheits- und Sozialwesen (+ 16,9%), während sich die Lage am Bau und bei den Arbeitskräfteüberlassungen stabilisierte (AMS 2025).
Zudem zeigt sich, dass bestimmte Bevölkerungsgruppen besonders stark betroffen sind: So nahm die Arbeitslosigkeit (inkl. Schulungsteilnehmer:innen) bei Älteren ab 50 Jahren mit einem Plus von 7,2 Prozent deutlich zu, bei Menschen mit Behinderung um 13,7 Prozent und bei langzeitarbeitslosen Personen sogar um 26 Prozent. Mögliche Gründe dafür sind neben der anhaltenden Rezession die Erhöhung des Frauenpensionsantrittsalters sowie fehlende fiskalische Spielräume für großzügige Arbeitsmarktmaßnahmen.
Besonders auffällig sind zudem die Unterschiede nach Geschlecht: Männer sind traditionell absolut stärker von Arbeitslosigkeit betroffen. Im Jahr 2024 stieg die Arbeitslosigkeit bei den Männern auch noch stärker, während 2025 die Zunahme bei den Frauen deutlicher ausfiel. Die Arbeitslosigkeit stieg bei Frauen (+8%) im September 2025 im Vergleich zum Vorjahr doppelt so stark wie bei Männern (+4%). Besonders besorgniserregend ist die steigende Arbeitslosigkeit bei Frauen über 50 Jahren: Im August überstieg ihre Arbeitslosenquote sogar jene der Männer, auch durch die stufenweise Anhebung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters für Frauen.
Fazit
Die wirtschaftliche Lage bleibt herausfordernd und trotzdem gibt es einige Anzeichen für die zunehmende Erholung. Die Arbeitnehmer:innen leisten ihren Beitrag zur Bewältigung dieser Herausforderungen. Jetzt sind sowohl die Unternehmen als auch die Bundesregierung am Zug. So gilt es, die Erholung zu nutzen, um die Transformation voranzutreiben und gesamtgesellschaftlichen Wohlstand zu schaffen.
1. Qualifizierungsoffensive als Investition in Österreichs wichtigste Ressource
Die schwierige Arbeitsmarktsituation erfordert rasches Gegensteuern. Statt einer weiteren ausgabenseitigen Budgetkonsolidierung sollte eine breit angelegte Qualifizierungsoffensive gestartet werden – als Teil einer langfristigen Produktivitätsstrategie. Damit können sowohl Arbeitssuchende als auch Beschäftigte für zukunftsorientierte Branchen ausgebildet werden. Konkret sollte das Fachkräftestipendium zu einem Qualifizierungsgeld weiterentwickelt und mit einem Rechtsanspruch auf Weiterbildung verbunden werden.
2. Altersgerechte Arbeitsplätze und Sanktionen bei Altersdiskriminierung
Damit Menschen bis zum Pensionsantritt in Beschäftigung bleiben können, braucht es altersgerechte Arbeitsplätze und ein Bonus-Malus-System für Betriebe. Zudem reichen die bisherigen Maßnahmen für Langzeitbeschäftigungslose nicht aus. Die angekündigte „Aktion 55 plus“ muss rasch umgesetzt und perspektivisch zu einer Jobgarantie für Langzeitarbeitslose ausgebaut werden.
3. Mutige Industriestrategie für eine doppelte Transformation
Die von der Bundesregierung mit Ende des Jahres angekündigte Industriestrategie braucht eine progressive Agenda. Die Verantwortlichen müssen sicherstellen, dass wirtschaftliche Modernisierung und ökologische Nachhaltigkeit Hand in Hand gehen und die Lasten gerecht verteilt werden. Nur so kann die „doppelte Transformation“ gelingen: wirtschaftlich stark, ökologisch verantwortungsvoll und demokratisch legitimiert.
4. Faire Finanzierung und gerechtere Verteilung
Eine einseitige Politik der Ausgabenkürzungen würgt den sich anbahnenden Aufschwung ab. Die Erweiterung vermögensbezogener Steuern um Erbschaft- und Vermögensteuern sowie die Rücknahme der Senkung der Gewinnsteuer schafft notwendige budgetäre Spielräume für viele der bisher genannten Forderungen.
5. Inflationstreiber bekämpfen, um Beschäftigte und Unternehmen zu entlasten
Inflation entsteht, wenn Unternehmen die Preise für Verbraucher:innen erhöhen. Daher sind auch sie angehalten, ihren Beitrag zu leisten und auf die Ausweitung ihrer Gewinnmargen zulasten der Vielen zu verzichten. Im Bereich der Lebensmittelpreise gilt es den „Österreich-Aufschlag“ zu beenden und eine Preistransparenz entlang der Wertschöpfungskette herzustellen. Im Bereich der Mieten sind ein Mietpreisstopp und ein Ende der Befristungen bei Mietverträgen gefordert. Energiepreise können durch eine faire Verteilung der Netzkosten und andere Maßnahmen gedämpft werden.