Woh­nen muss wie­der leist­bar sein!

21. Oktober 2024

In den letzten fünf Jahren sind die Wohnkosten explodiert! Die scheidende Regierung reagierte nur auf tagesaktuelle Probleme und ließ wichtige Punkte ihres Regierungsprogramms liegen. Dabei hätte sie locker etwa eine wirksame Mietbremse einführen und befristete Verträge stoppen können. Die kommende Regierung muss dringend für leistbaren Wohnraum und sichere Mietverhältnisse sorgen.

Teures Wohnen trotz Rekordbauleistung   

Über 320.000 neue Wohnungen in nur fünf Jahren in Österreich – obwohl der Bedarf bei unter 250.000 lag. Es wurde eine Stadt so groß wie Salzburg zu viel gebaut. Doch trotz des Überangebots explodieren die Preise für Wohnungen und private Neuvermietungen weiter. Viele Wohnungen landen als reine Kapitalanlage auf dem Markt. Der Boom der gewerblichen Immobilienbranche verdrängt zunehmend den geförderten Wohnbau. Erschwingliche Grundstücke werden rar, und hohe Baupreise machen geförderten Wohnbau fast unmöglich. Der Anteil geförderter Bauvorhaben bei den Fertigstellungen ist dramatisch eingebrochen! 

© A&W Blog


Hohe und unsichere Mieten 

Neue Mietverträge im privaten Bereich sind jährlich um durchschnittlich 2.500 bis 3.000 Euro teurer als bei Genossenschaften oder Gemeinden. Besonders in Ballungszentren und Tourismusgebieten können die Preisunterschiede noch deutlich höher sein. Zudem sind die meisten neuen Verträge befristet, oft auf drei bis fünf Jahre. Drei Viertel der neuen privaten Mietverträge sind befristet, was Unsicherheit (von einer Vertragsverlängerung kann nicht ausgegangen werden) und Unfairness (Rechte wie Mietzinsüberprüfung erhöhen das Risiko einer Vertrags-Nichtverlängerung) für Mieter:innen bedeutet. Dazu wird es oft unbezahlbar, da Vertragsverlängerungen mit Mieterhöhungen einhergehen. 

Wohnungen als Geldspeicher 

Eine Flut an Finanzveranlagungen in Wohnimmobilien trieb die Preise hoch. Die Devise "Grundbuch statt Sparbuch" entstand. Allein in den Corona-Jahren 2020 und 2021, als Wirtschaft und Gesellschaft zwischenzeitlich stillstanden, stiegen die Wohnungspreise um massive 26 Prozent an.

Zinswende verscheucht institutionelle Anleger 

Hohe Finanzierungskosten bremsen den gewerblichen, frei finanzierten Wohnbau. Seit der Zinswende Mitte 2022 endete die Betongold-Euphorie; der Bauboom ist vorbei. Vermögensverwaltungen und Kapitalgesellschaften investieren nun in Staatsanleihen und andere Produkte. Immobilienentwickler wie Signa rutschten in die Insolvenz. In der Bauwirtschaft sind mittlerweile Auftragsbücher leerer, die Arbeitslosigkeit ist im Vergleich zum Vorjahr bereits spürbar gestiegen.  

Wohnungskauf: Nur Erben macht’s möglich! 

Immopreise haben sich in den letzten eineinhalb Jahrzehnten mehr als verdoppelt. Löhne stiegen nur um die Hälfte. Eigentum ist für viele Menschen unerschwinglich – ein Kauf von Wohnungen oder Häusern ist oft nur mit Familienvermögen möglich, also durch Erben oder Schenkungen.

Wohnpolitische Bilanz der Bundesregierung – das wurde (nicht) angepackt 

Welche Maßnahmen hat die scheidende Bundesregierung nun gesetzt, um der langfristigen Teuerungsspirale beim Wohnen entgegenzuwirken? Fazit: Die Regierung scheitert bei der Wohnkosten-Dämpfung. Sie war in der Wohnpolitik eine Getriebene und keine Gestaltende. Das Regierungsprogramm blieb großteils unerledigt. Konkret: 


➕ Aktive Delogierungsprävention in der Pandemie  

Nach der Angelobung der türkis-grünen Regierung führten Ausgangsbeschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie zu mehr Arbeitslosigkeit. Die AK warnte gemeinsam mit der Mietervereinigung und der Volkshilfe früh vor Kündigungs- und Delogierungswellen. Aufgrund des Drucks schuf die Regierung den Wohnschirm, der Räumungsklagen verhinderte – auch ein Erfolg für die AK.

 

➕ Bestellerprinzip bei von Makler:innen vermittelten Mietwohnungen  

Die AK hatte schon seit Jahren auf ein Bestellerprinzip bei Makler:innen gepocht. Das kam nach langem Druck Mitte 2023. Seither müssen in der Regel keine Provisionen mehr von Mieter:innen bezahlt werden. Schönheitsfehler sind vereinzelt vorkommende Umgehungsversuche von Makler:innen und Vermieter:innen sowie, dass das Bestellerprinzip beim Wohnungskauf nicht gilt.


➕/➖ Spätes Baukonjunkturpaket mit bröckeligem Fundament

Die Gesamtinflation, hohe Energiepreise und starke Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbank bremsten das Wirtschaftswachstum, besonders im Wohnbau. Die Baubewilligungen für neue Wohnungen gingen ab Mitte 2022 stark zurück. Die Regierung antwortete erst im Frühjahr 2024 mit einem Baukonjunkturpaket, das aber vorrangig den geförderten Mietwohnungsbau unterstützt – das ist positiv. Allerdings verhindern die langen Vorlaufzeiten und hohe Bodenpreise in Ballungszentren, dass mehr Förderungen auch wirklich rasch mehr geförderten Wohnbau bringen. In Wien profitiert der soziale Wohnbau von den Fördergeldern des Bundes, da der Wohnfonds bis 2026 verstärkt Grundstücke bereitstellt. Es ist aber absehbar: Nicht alle Bundesländer werden die Gelder aus dem Konjunkturpaket wirklich abrufen können.


Keine wirkungsvolle Mietenbremse in der Inflationskrise 

Der Wirtschaftsaufschwung nach der Corona-Pandemie und der Krieg in der Ukraine lösten eine starke Teuerungswelle aus. Die AK warnte früh vor einer Spirale aus Preissteigerungen und Mieterhöhungen. Trotz breiter öffentlicher Resonanz reagierte die Bundesregierung spät: Die Mietenbremse, gültig seit 1. Jänner 2024, schließt die teuersten (privaten) Mieten aus und bremste die günstigen, also jene in lastenfreien Genossenschaftswohnungen. Eine Mietenbremse von fünf Prozent bleibt wirkungslos, da für die Jahre 2024 bis 2026 die Inflation mittlerweile merklich zurück geht. Das ist nur reine Kosmetik. 


➖ Wesentliche Punkte des Regierungsprogramms blieben unerledigt 

Eine Wohnrechtsenquete und eine Novellierung des Mietrechts fanden nicht statt. Eine erneute Zweckbindung der Wohnbaufördermittel ist nicht erfolgt. Eine verstärkte Bereitstellung öffentlicher Grundstücke für den geförderten Wohnbau ist ausgeblieben. Die angekündigten Initiativen zur Baukostensenkung fanden ebenfalls nicht statt.  

Wohnen ist ein Grundrecht und muss leistbar sein! 

Die AK bleibt beim leistbaren Wohnen dran und hat die Lösungen. Statt eines Betongold-Booms braucht es eine soziale Baupolitik, also leistbaren Wohnraum und sichere Wohnverhältnisse. Die nächste Bundesregierung muss Wohnen ganz oben auf ihre Agenda setzen.


1. Mehr geförderter Wohnbau – Wohnbauförderungsmilliarde für Länder: In den Großstädten fehlt es an bezahlbarem Wohnraum. Die nächste Regierung muss eine Wohnbau-Milliarde für die Länder dauerhaft locker machen! Damit könnten jedes Jahr 12.000 zusätzliche, geförderte Mietwohnungen entstehen. Diese Milliarden-Investition finanziert sich letztlich durch weniger Bau-Arbeitslosigkeit selbst! 

2. Öffentliche Grundstücke für geförderten Wohnbau und Bodenpolitik: Hohe Grundstückspreise bremsen den geförderten Wohnbau und damit auch das an sich zweckmäßige Baukonjunkturpaket. Die nächste Regierung soll daher die öffentlichen Grundstücksreserven erfassen und in einer „Wohnbauunterstützungs-Stelle“ bündeln. Öffentliche Grundstücke dürfen nur mehr für geförderten Wohnbau verwendet werden – und sollen bestenfalls über Baurechtsverträge langfristig unter öffentlicher Kontrolle bleiben. Zudem sollten bodenpolitische Maßnahmen wie etwa die Wiener Widmungskategorie für geförderten Wohnbau bundesweit ausgerollt werden. 

3. Aus für Befristungen im Mietvertrag: Große Immo-Gesellschaften und Vermietungsunternehmen sollen nicht mehr befristet vermieten dürfen. Privatpersonen sollen ab der zweiten von ihnen vermieteten Wohnung unbefristet vermieten. Pro Privatperson soll also ausnahmsweise weiterhin eine einzelne Wohnung befristet vermietet werden dürfen.  

4. Modernes, transparentes Mietrecht: Das neue Mietrecht muss klar, gerecht und transparent sein. Es muss klare Mietobergrenzen für den privaten Bereich geben. Zuschläge in einem reformierten Richtwertsystem sind wirksam zu begrenzen. Zudem muss es für alle privaten Mietwohnungen gelten, die älter als 30 Jahre sind. Dadurch wird der Neubau nicht behindert.  

5. Strafen für Mietwucher: Wird die erlaubte Miete um mehr als 20 Prozent überschritten, sollen saftige Geldstrafen drohen. Mehr als 50 Prozent Wucher sollen künftig als Straftat gelten – ähnlich wie in Deutschland, wo harte Strafen warten! 

6. Eine echte, wirksame Mietpreisbremse: Eine Deckelung für alle indexbasierten Mieterhöhungen muss dringend her: VPI-gebundene Mieten – das sind die Richtwert-, Kategoire- und freien Mieten – dürfen nur mehr einmal im Jahr um maximal zwei Prozent steigen – und das rückwirkend ab 2022.      

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