Gut ausgebaute öffentliche Daseinsvorsorge ist ein wichtiger Baustein für den sozialen Zusammenhalt und einen gerechten ökologischen Umbau unserer Gesellschaft. Dafür braucht es nachhaltige und durch die öffentliche Hand abgesicherte Finanzierung. Doch den Städten und Gemeinden fehlt es zunehmend an Geld. Das erschwert notwendige Investitionen in den Klimaschutz, Sanierung von Schulen oder Wasserversorgung und den Ausbau von Kinderbetreuung. Was braucht es, damit die notwendigen Zukunftsinvestitionen möglich sind?
Wie sieht es mit den Finanzen der Städte und Gemeinden aus?
Die finanzielle Lage der österreichischen Städte und Gemeinden ist ähnlich angespannt wie die des Bundes. Sie haben derzeit (ohne Wien, Jahr 2024) ein Defizit in Höhe von einer Milliarde Euro. Um ihren Beitrag zur Budgetkonsolidierung zu leisten, sollen sie bis 2029 ihr Defizit auf nahezu null zurückführen und damit pro Jahr 200 bis 300 Millionen Euro einsparen. Bereits 2024 ist es den Gemeinden (ohne Wien) als einziger Gebietskörperschaftsebene gelungen, ihre Schulden im Vergleich zu 2023 nicht weiter zu erhöhen. Und dies, obwohl ihre Kosten gestiegen (Personal, Energie), die Einnahmen aber gesunken sind. Trotz dieser finanziellen Engpässe haben die Städte und Gemeinden weiterhin investiert, insbesondere aufgrund gesetzlicher Vorgaben zum Ausbau der Elementarpädagogik. Das Investitionsniveau der Gemeinden lag 2023 bei 4,5 Mrd. Euro.
Wie sieht die weitere finanzielle Entwicklung aus? Dazu beauftragte der Österreichische Städtebund das KDZ – Zentrum für Verwaltungsforschung, um eine Prognose zur Entwicklung der Gemeindefinanzen bis zum Jahr 2028 zu erstellen. Unter Berücksichtigung aktueller Prognosegrundlagen sinkt die Liquidität der Städte und Gemeinden zunehmend. Für das Jahr 2025 wird erwartet, dass für rund 45 Prozent der Gemeinden die Ausgaben höher sind als ihre Einnahmen, man spricht von sogenannten „Abgangsgemeinden“. Das bedeutet, dass sie notwendige Investitionen in den Klimaschutz, zur Sanierung von Gebäuden oder in die Wasserversorgung nicht tätigen können sowie Gebühren wie etwa für die Nachmittagsbetreuung erhöhen müssen. Die finanzielle Basis der Gemeinden wird zunehmend durch Umlagen ausgehöhlt, die an die Länder für Krankenanstalten und Soziales abgeführt werden müssen. Bis 2028 verbleiben voraussichtlich nur noch 39 Cent von jedem Euro aus dem gemeinschaftlichen Steuertopf bei den Gemeinden, was die Finanzierung ihrer eigentlichen Aufgaben erschwert. Derzeit liegt der Österreichschnitt bei 41 Cent je Euro. Was es daher braucht, ist ein aufgabenorientierter Finanzausgleich. Damit ist gemeint, dass man die Verteilung besonders vor dem Hintergrund der erwähnten steigenden Ausgaben neu aushandelt. Damit allein ist es aber nicht getan. Städte und Gemeinden müssen auch endlich direkten Zugang zu den Fördertöpfen der Europäischen Union erhalten. Bisher können die Fördergelder nur von Bund und Bundesländern abgerufen werden. Um dieses System zu vereinfachen und den Kommunen mehr Handlungsspielraum zu geben, braucht es hier einen direkten Zugang für Städte und Gemeinden.
Warum wir ohne bessere Daten am Ziel vorbeiinvestieren
Oft fehlt es den politischen Akteur:innen in den österreichischen Kommunen an verlässlichen Daten, an denen sie ihr Handeln ausrichten können. Was wie ein hoch theoretisches Problem klingt, hat ganz praktische Folgen im Alltag. So bestehen einerseits gravierende Datenlücken in der Abschätzung der Auswirkungen der Klimakrise beispielsweise auf die Infrastruktur. Andererseits fehlen Potenzialanalysen, beispielsweise zur Gewinnung erneuerbarer Energien, der Verbesserung der Energieeffizienz oder der Reduktion von Abfällen. Beides erschwert angemessenes Reagieren der Städte und Gemeinden auf die Klimakrise. Das ist gerade vor dem Hintergrund tragisch, dass Städte und Gemeinden oft Vorreiter in der Bekämpfung der Klimakrise sind. Um besser voneinander lernen und Maßnahmen zielgerichteter planen zu können, muss der Austausch zwischen den Kommunen gefördert und die Datenlage verbessert werden.
Warum ist öffentliche Daseinsvorsorge so wichtig?
Dienstleistungen der öffentlichen Daseinsvorsorge stellen sicher, dass die Menschen und die Wirtschaft Zugang zu essenziellen Dienstleistungen des Alltags erhalten. Öffentliche Daseinsvorsorge mildert aufgrund ihrer Gemeinwohlorientierung die Auswirkungen von Inflation und Krisen ab und garantiert den sozialen Zusammenhalt in der Gesellschaft.
Wenn die Städte und Gemeinden den Sparstift ansetzen, heißt dies auch weniger Leistungen für die Menschen vor Ort. In Zeiten der wirtschaftlichen Krise ist es aber gerade jetzt notwendig zu investieren. Wenn weniger investiert wird, schwächt dies die bereits angeschlagene Wirtschaft noch weiter. Investitionen in den Ausbau der Daseinsvorsorge sind Zukunftsinvestitionen. So braucht es mehr Investitionen in Gesundheitsdienste, Ausbau von Pflege, Elementarpädagogik, des öffentlichen Verkehrs und erneuerbarer Energien, Gebäudesanierungen, Investitionen in die Wasserversorgung und in den Klimaschutz. All dies erfordert Geld. Daher ist es positiv, dass die Regierung die Regeln für das Kommunalinvestitionsprogramm ändert. Künftig entfällt die bislang notwendige Kofinanzierung. Dies ermöglicht vielen Städten und Gemeinden nunmehr Investitionen in Zukunftsprojekte. Insgesamt stehen bis 2028 fast 900 Millionen Euro über dieses Programm zur Verfügung. Das Jahr 2024 war das heißeste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen. Notwendige Investitionen in den Klimaschutz und die Klimawandelanpassung dürfen daher nicht nach hinten gereiht werden. Die Menschen brauchen Schutz vor Hochwasser, Schutz vor Hitzetagen, die 2024 mit 45 Tagen in Wien besonders zahlreich waren. Mit einem kommunalen Klimainvestitionsfonds könnte die notwendige Finanzierung für Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsmaßnahmen gesichert werden. Die Finanzierung wäre über eine Vermögens- und Erbschaftssteuer, Lkw-Maut oder eine gute nationale Umsetzung der Wegekostenrichtlinie möglich. Aber auch von europäischer Ebene wäre Unterstützung dringend notwendig.
Stärkung und Finanzierung der Daseinsvorsorge auf EU-Ebene notwendig
Die Reform der EU-Fiskalregeln und Binnenmarktbestimmungen ist notwendig, um die öffentliche Daseinsvorsorge zu stärken. Daher gilt es, bei der Überarbeitung der EU-Vergaberichtlinien jegliche Eingriffe in die Souveränität von Städten und Gemeinden zu stoppen. Das Europäische Parlament hat vorgeschlagen, den vollständigen Zugang zum Markt für öffentliche Auftragsvergabe und Konzessionen zu gewährleisten und die interkommunale Zusammenarbeit zu schwächen. Wir kritisieren diesen Vorschlag scharf. Vielmehr braucht es weniger strenge EU-Budgetregeln und mehr Flexibilität für Zukunftsinvestitionen in die öffentliche Daseinsvorsorge. Investitionen in klimafitte Infrastrukturen, aber auch Kinderbetreuung und sozialen Wohnbau wären endlich von den strengen Schuldenregeln auszunehmen. Änderungen von Regeln sind möglich, wenn der politische Wille da ist. Dies zeigt sich bei der Ausnahme der strengen Schuldenregeln für Investitionen in Sicherheit und Verteidigung. Zusätzlich sollte der Ausbau der öffentlichen Daseinsvorsorge mit ihrer Demokratisierung einhergehen und von stärkerer Teilhabe und Mitbestimmung begleitet werden. Dies erfordert auch eine verstärkte Gemeinwohlorientierung in der Daseinsvorsorge, die im EU-Rechtsrahmen verankert werden sollte.
Zudem braucht es aber auch frisches Geld für die notwendigen Investitionen. Mit 2026 läuft der Aufbau- und Resilienzfonds aus. Es braucht einen EU-Klimafonds, der die dringend erforderlichen Investitionen in den Klimaschutz finanziell unterstützt. Im Zuge der europäischen Wasser-Resilienz-Strategie wird die Europäische Investitionsbank für die nächsten drei Jahre 15 Milliarden Euro für Investitionen in die Wasserinfrastruktur bereitstellen. Dies ist ein wichtiger erster Schritt in die richtige Richtung. Zusätzliche europäische Mittel für den Ausbau, die Vernetzung und die Modernisierung des Schienennetzes und des öffentlichen Verkehrs wären dringend geboten. Aus Sicht des Klimaschutzes und aus Sicht der Wirtschaft, um den Verlust von Arbeitsplätzen in anderen Sektoren abzufangen und unsere Wirtschaft wieder anzukurbeln.
Steuergerechtigkeit auf EU-Ebene
Zur Finanzierung öffentlicher Dienstleistungen und zur Bekämpfung von Ungleichheit ist ein gerechteres Steuersystem notwendig. Dies beinhaltet die Einführung progressiver Besteuerung, Vermögens- und Erbschaftssteuern sowie die Einführung eines EU-Mindestkörperschaftssteuersatzes und einer öffentlichen länderbezogenen Berichterstattung. Unternehmen, die Steuergesetze verletzen, sollten von öffentlichen Aufträgen und Finanzierungen ausgeschlossen werden.
Fazit: Gute Planung und bessere Finanzierung
Um die Herausforderungen (Klimakrise, Gesundheits- und Care-Krise etc.) gut lösen zu können, braucht es mehr öffentliche Investitionen in die Daseinsvorsorge. Dies erfordert zum einen gute und effiziente Planung, um den Ausbau der Daseinsvorsorge zu gewährleisten und den Bedarf an Arbeitskräften zu decken. Bereits heute fehlen im sozialen und technischen Bereich viele tausend Arbeitskräfte.
Eine gute öffentliche Daseinsvorsorge bietet Sicherheit in unsicheren Zeiten. Sie ist ein wichtiger Baustein für den sozialen und ökologischen Umbau unserer Gesellschaft und sie fördert die Wettbewerbsfähigkeit und den Standort. Dafür braucht es nachhaltig und durch die öffentliche Hand abgesicherte Finanzierung und damit dringend neue Finanzquellen sowohl national wie auch EU-weit.
Veranstaltungshinweis:
„Zukunft sichern trotz knapper Kasse – Wie unsere Städte und Gemeinden durch die Krisen kommen“ in der FAKTory, Universitätsstraße 9, 1010 Wien, am 23. Juni 2025 von 15–18 Uhr.