Ausgebaut? Im Gegenteil – jetzt leistbare Wohnungen bauen!

05. März 2024

In Österreich sind in den letzten fünf Jahren sehr viele Wohnungen gebaut worden. Auf den ersten Blick positiv, auf den zweiten Blick doch alarmierend: Der Großteil der Wohnungen wurde von gewinn­orientierten Bauträgern, also ohne Wohn­bauförder­mittel gebaut. Die Folge: Boden-, Bau-, Kauf- und Mietpreise am freien Wohnungs­markt schnalzten in Rekordhöhe – das führte zu mehr Unsicher­heit und weniger gefördertem Wohnbau, da dieser aus dem Markt gedrängt wurde. Die steigenden Zinsen lassen den spekulativen Bauboom vorerst abklingen. Das ist eine Chance für den sozialen Wohnbau, welche die Politik nutzen muss. 

Spekulativer Bauboom bringt Überangebot und Rekordpreise

Ein Wohnbau­hoch geht nun zu Ende. Das ist aus der Statistik zu den Bau­bewilligungen klar ablesbar.  Zeit, Bilanz zu ziehen: In den letzten fünf Jahren wurden in Österreich rund 317.000 neue Wohnungen errichtet. Der Bedarf lag allerdings nur bei rund 235.000. Das bedeutet: Österreich­weit wurden für ein halbes Jahrzehnt für drei benötigte Wohnungen vier errichtet. Dennoch sind die Wohnungs­preise und die Mietzinse bei Neuverträgen im privaten Segment weiter gestiegen. 

Das Über­angebot hat nicht zu niedrigeren Preisen geführt. Im Gegenteil: Die Mietzinse bei privaten Neuverträgen und die Wohnungspreise sind weiter gestiegen. Zu viele Wohnungen wurden nicht für den Wohnbedarf, sondern für Veranlagungs­bedürfnisse gebaut. Die gewerbliche Immobilien­wirtschaft hat Betongold statt leist­barem Wohnraum geschaffen. Das gilt insbesondere für die Wohnungs­märkte aller Ballungs­räume von Vorarlberg über Innsbruck, Salzburg und Graz bis Wien.

So klaffen Preise und Einkommen auseinander

Die sogenannte Flucht ins Betongold gab es bereits vor dem Wohn­bauhoch der letzten fünf Jahre. Finanzkrise 2008, Eurokrise und Niedrig­zinsdekade haben einen Veranlagungshype im Wohnungs­markt entstehen lassen. Für Wohnungs­suchende war das keine positive Entwicklung, wie der nachstehende, langfristige Vergleich zeigt. 

© A&W Blog


In Österreich haben sich die Wohnungs­preise innerhalb von nur 14 Jahren mehr als verdoppelt. Dem gegenüber sind die verfügbaren Haushalts­einkommen lediglich um 43 Prozent gestiegen, der mediane Bruttolohn lediglich um 39 Prozent. Die Mietzinse bei Neuverträgen im privaten Segment sind österreichweit um 57 Prozent gestiegen. Das ist ein spürbarer, langfristig über­proportionaler Anstieg. In vielen Ballungs­zentren im Land waren die Miet- und Preisanstiege noch ausgeprägter. 

Die Dynamik bei den Wohnungs­preisen war völlig entkoppelt von der Entwicklung der verfügbaren Haushalts­einkommen. Ursache für diese Entgleisung sind Vermögens­umschichtungen und -transfers. Private Haushalte konnten mit den von institutionellen Anleger:innen gezahlten Preisen regelmäßig nur mehr dann mitziehen, wenn sie auf Schenkungen oder Erbschaften in der Höhe von 200.000 bis 300.000 Euro zurückgreifen konnten. Und wer kann das schon? Haushalte, die eine Wohnung im privaten Segment anmieten, müssen immer größere Teile ihres Einkommens an die Vermietenden abliefern. Das ist in der aktuellen Teuerungs­krise besonders bitter.

Schattenseiten des Spekulationsbooms für den geförderten Wohnbau

Doch nicht nur Wohnungs­suchende hatten und haben mit den Folgen der Flucht in Beton­gold und der überhitzten Bautätig­keit zu kämpfen. Auch der geförderte Wohnbau wurde zusehends aus dem Markt gedrängt. Die wesentlichen Ursachen dafür sind massiv erhöhte Grundstücks­preise und stark gestiegene Baupreise. 

Am Beispiel Wien zeigt sich, dass in vielen attraktiven und wirtschaftsstarken Regionen des Landes die Bodenpreise die Hauptursache für die Verwerfungen am Wohnungsmarkt sind. Gemäß AK Berechnungen sind diese in etwas mehr als einem Jahrzehnt von knapp über 500 Euro auf beinahe 1.800 Euro pro Quadratmeter Wohnnutz­fläche gestiegen. Das ist mehr als eine Verdreifachung. Umso mehr ist eine weitsichtige Boden­bevorratung der öffentlichen Hand nötig. Beispiels­weise hat der Wohnfonds Wien, der den geförderten Wohn­bau aktuell und langfristig absichert, über drei Millionen Quadratmeter Boden bevorratet.

© A&W Blog

Neben den Boden­preisen sind in den letzten Jahren auch die Baupreise stark gestiegen – und das in ganz Österreich. Die Grafik zeigt: Die Bau­preise laufen seit 2018 den Baukosten zusehends davon. Gemäß den letzten Daten sind die Baupreise um rund 15 Prozent über den Baukosten. 

© A&W Blog

Aufgrund der guten Auftragslage konnten die Baufirmen offenkundig nicht nur alle ihre Kostensteigerungen an ihre Auftraggeber weiterreichen. Sie haben ihre Baupreise darüber hinaus noch um Extraprozente erhöht, da ihre Leistungen so stark nachgefragt wurden.

Zu wenig erschwingliches Bauland – geförderte Mieten mit hohen Baupreisen nicht realisierbar

Leid­tragende dieser Entwicklung waren vor allem jene Bauherren, die mit Versorgungs­auftrag und nicht mit Veranlagungs­auftrag agieren. Sowohl gemein­nützige Bau­vereinigungen als auch Häusl­bauer mussten ihre Bauprojekte nach hinten verschieben oder wurden überhaupt aus dem Markt gedrängt. Besonders ausgeprägt war diese Verdrängungs­dynamik für den geförderten Miet­wohnungsbau. Zuerst einmal ist ihr Anteil an den Neubauten deutlich zurück­gegangen, weil zu wenig erschwingliches Bauland verfügbar war. Dazu waren auch häufig fertig geplante und baureife Projekte nicht umsetzbar, da die Mieten aus der Wohnbau­förderung mit den stark gestiegenen Baupreisen nicht realisierbar waren Infolge­dessen sind auch die Wohnbau­förderungs­ausgaben österreich­weit deutlich zurück­gegangen. 

Ende des spekulativen Baubooms bietet Chance für leistbares Wohnen

Nachdem die Bau­bewilligungen bereits im Jahr 2022 spürbar zurück­gegangen sind, ist ab 2024 auch ein Rückgang der Bautätigkeit zu erwarten. Das wird bezüglich der hohen Bau­kosten eine Linderung bringen. Jedoch droht ein Beschäftigungsabbau am Bau. Damit das nicht passiert, muss weiter gebaut werden, aber soziale Wohnungen. Die sinkenden Baukosten sind eine Chance für leistbares Wohnen. Diese Chance kann aber nur genützt werden, wenn die Politik mehr Wohnbauförderung und mehr bezahlbare Grundstücke zur Verfügung stellt.

Die Bundes­regierung hat zwischen­zeitlich ein Bau­konjunktur­paket aufgelegt. Das war ein Schritt in die richtige Richtung, allerdings sind die dadurch erhöhten Wohnbau­förderungs­mittel nur für zwei Jahre verfügbar und das zentrale Grundstücks­thema wird nicht adressiert. Aus Sicht der AK gilt es, jetzt die Weichen so zu stellen, dass in den nächsten Jahren eine dauerhaft höhere, geförderte Wohn­bau­leistung realisiert werden kann.

Die AK fordert daher: 

  1. Wohnbau­förderungs-Milliarde für Länder
    Der Bund soll den Ländern dauerhaft eine zweck­gebundene Wohnbau-Milliarde zuweisen. Damit soll eine höhere geförderte Bautätigkeit sowie die Beschäftigung am Bau gesichert werden. Die Länder sollen ihren vollen Anteil nur bekommen, wenn sie dieses Geld zusätzlich in den geför­derten Wohnbau investieren.

  2. Öffentliche Grund­stücke für den geförderten Wohnbau
    Grundstücke, die schon der Allgemein­heit gehören, etwa nicht mehr benötigte Flächen und Gleise von Bahnhöfen oder leere Kasernen, sollen bundesweit ausschließlich mit geförderten Wohnungen bebaut werden. 

  3. Widmung „geförderter Wohnbau“ weiter konsequent umsetzen 
    Nichts hilft Wohnungs­suchenden mehr als neue, geförderte Miet­wohnungen. Diese Wohnungen werden unbefristet vermietet und bezahlbar sind sie ebenfalls. Die Widmungs­kategorie „Geförderter Wohnbau“ wurde bisher in dieser Form nur in Wien eingeführt und muss weiter konse­quent ausgebaut und umgesetzt werden. 

Creative-Commons-Lizenz CC BY-SA 4.0: Dieser Beitrag ist unter einer Creative-Commons-Lizenz vom Typ Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International zugänglich. Um eine Kopie dieser Lizenz einzusehen, konsultieren Sie http://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/. Weitere Informationen https://awblog.at/ueberdiesenblog/open-access-zielsetzung-und-verwendung