Die zunehmenden Wetterextreme haben den Wasserkreislauf in Österreich aus dem Gleichgewicht gebracht. Hochwasser, Dürrephasen und Starkregen treten durch die Klimaerhitzung immer öfter auf und bedrohen unsere Infrastruktur, Wirtschaftsbetriebe, Landwirtschaft und auch die privaten Haushalte. Öffentliche Investitionen und klimagerechte Planung entscheiden heute darüber, wie lebenswert unsere Zukunft wird.
Die Klimakrise wird zur Wasserkrise
Weltweit war 2024 das wärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen und das erste mit einer Durchschnittstemperatur von mehr als 1,5 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau (1850 bis 1900). In Österreich ist es noch wärmer geworden. Hierzulande hat sich die durchschnittliche Lufttemperatur im Vergleich zum vorindustriellen Niveau um 3,1 Grad erhöht, wie der neue Sachstandsbericht Klimawandel für Österreich (AAR2) aufzeigt.
Der Sturm Boris brachte im September 2024 unglaubliche Wassermassen in kürzester Zeit und damit Hochwasser mit verheerenden Folgen. Häuser, Infrastrukturen und Industrie versanken in den Fluten. Auch die erst kürzlich errichtete Westbahnstrecke über das Tullnerfeld stand teilweise vollständig unter Wasser. Bei diesem Extremereignis hat das Wetter nicht einmalig „verrückt gespielt“, sondern es ist unmittelbare Folge der Klimaerhitzung.
Das Hochwasser zeigte aber auch, wie gut die Warnungen und der Katastrophenschutz in Österreich funktionieren. Viele Menschen konnten sich ausreichend auf das Hochwasser vorbereiten und so zum Teil das Schlimmste verhindern. Dennoch waren die wirtschaftlichen Folgen enorm. Eine WIFO-Schnelleinschätzung berechnete die Kosten des Sturms mit 1,3 Milliarden Euro für Österreich, die wirtschaftlichen Schäden an Eisenbahninfrastruktur oder Dämmen dabei noch nicht eingerechnet. Die ÖBB kalkulieren Reparaturkosten im dreistelligen Millionenbereich für ihr Streckennetz. Diese Schäden könnten aber noch viel höher sein, hätte Österreich in den vergangenen Jahren nicht erhebliche Summen in den Hochwasserschutz investiert.
Dürre – die stille Bedrohung
Während Hochwasser augenscheinliche und dramatische Schäden verursacht, ist Dürre oft eine schleichende Gefahr, deren Auswirkungen sich erst nach und nach offenbaren. In den letzten Jahren haben die Häufigkeit und Intensität von Dürreperioden in Österreich und Europa zugenommen. Laut einer Studie der Europäischen Umweltagentur (EEA) erlebten Länder wie Spanien, Italien und Griechenland gravierende Trockenperioden, die sich direkt auf die Landwirtschaft und Wasserreserven auswirkten. Der zunehmende Wassermangel führt bereits zu Konflikten in Spanien, Frankreich oder Deutschland.
Auch im ehemals wasserreichen Österreich ist die Dürre angekommen. Die Bilder des ausgetrockneten Zicksees und die niedrigen Pegelstände des Neusiedler Sees im Jahr 2021 erregten österreichweit große Aufmerksamkeit. Ein paar Jahre später sind beide Seen zwar wieder gut gefüllt, doch einzelne Regentage mit großen Mengen können nicht darüber hinwegtäuschen, dass es im Seewinkel generell zu wenig Wasser gibt. Insgesamt könnten in Österreich die Grundwasserressourcen bis 2050 um etwa 23 Prozent, regional sogar um 30 Prozent schwinden, während der Wasserbedarf um 13 Prozent steigt. Dies kann zu zunehmenden Nutzungskonflikten rund ums Wasser führen.
Klimawandelanpassung ist das Gebot der Stunde
Es wird in den kommenden Jahren nicht gerade gemütlicher in Österreich werden – das lässt sich mit naturwissenschaftlicher Genauigkeit vorhersagen. So zeigt beispielsweise eine neue Studie des Wasser- und Umweltministeriums, dass die Klimakrise die Hochwassergefahr an kleinen Gewässern verstärkt. Höhere Temperaturen erlauben der Atmosphäre, mehr Wasser zu speichern, wodurch extreme Niederschläge begünstigt werden. Der Klimawandel verändert zudem die globalen Niederschlagsmuster, sodass mehr Hochwässer durch Starkregen ausgelöst werden. Kurzzeitige Extremniederschläge nahmen in Österreich um 15 Prozent zu, und mittlerweile leben über 800.000 Menschen in Überschwemmungsgebieten.
Europäische Prognosen zeigen, dass Überschwemmungen und Dürren aufgrund sich ändernder Wettermuster in ganz Europa zunehmen werden. 2024 erlebten Österreich und Europa laut Copernicus-Klimawandeldienst den heißesten Sommer seit Beginn der Aufzeichnungen, der zu vielen Dürren führte. Zugleich sind zwischen 1998 und 2020 bereits 43 Prozent der Katastrophenereignisse in Europa auf Überschwemmungen zurückzuführen. Die bislang geplanten europäischen Strategien und Anpassungsmaßnahmen werden den zunehmenden Risiken nicht gerecht, wodurch sowohl Ökosysteme, Infrastruktur und Lebensmittelversorgung bedroht sind.
Ein Blick auf die Kosten des Nichthandelns zeigt: Die wetter- und klimabedingten Schäden in Österreich belaufen sich aktuell auf rund 1 Milliarde Euro pro Jahr. Diese Schäden werden weiter steigen, sollten die Treibhausgasemissionen nicht gesenkt werden. Bis 2050 könnten die jährlichen gesamtwirtschaftlichen Schäden zwischen 3,8 Milliarden und 8,8 Milliarden Euro für die Republik betragen. Viel Geld, das in klimafreundliche Infrastruktur, wie den Umstieg auf erneuerbare Energie, den Ausbau des öffentlichen Verkehrs, die Sanierung kommunaler Gebäude oder Begrünung, besser investiert wäre.
Unter Annahme einer moderaten Klimaerwärmung und einer moderaten sozioökonomischen Entwicklung werden die Hochwasserschäden an Gebäuden in Österreich für den Zeitraum 2016 bis 2045 zwischen 288 Millionen und 940 Millionen Euro im Jahr liegen. Extremereignisse wie ein 100-jährliches Hochwasser könnten Gebäudeschäden von 4 bis 7 Milliarden Euro verursachen, bis Ende des Jahrhunderts bis zu 41 Milliarden Euro. Allein um diese gigantischen Kosten abzuwehren, muss jetzt in die Klimawandelanpassung und das Herausbilden von Resilienzen investiert werden.
Damit Wohnen, öffentlicher Verkehr, Energie- und Wasserversorgung sowie Gesundheitseinrichtungen – die Grundpfeiler der Daseinsvorsorge – sicher bleiben, braucht es eine Infrastruktur, die auf die neuen Gegebenheiten vorbereitet ist. Planung und Bau haben Klimaschutz zu berücksichtigen und Bodenversiegelung zu vermeiden, da versiegelte Flächen kein Wasser speichern können. Städte und Gemeinden spielen dabei eine Schlüsselrolle, stehen aber vor finanziellen Herausforderungen. Daher schlägt die Arbeiterkammer einen Klimainvestitionsfonds vor, um besser und zielgerichteter planen zu können.
Schleppende Politik
Auf europäischer Ebene wird der Kurs des European Green Deal nur schleppend fortgesetzt. Eine europäische Wasserresilienzstrategie soll dabei helfen, dass die Mitgliedstaaten künftig besser bei der Sicherung der Wasserresilienz zusammenarbeiten. Ihr Ziel ist es, Wasser für den menschlichen Gebrauch zu sichern, naturbasierte Lösungen zu stärken und eine wettbewerbsfähige EU-Wasserwirtschaft und Kreislaufwirtschaft zu fördern. Wasser ist ein Menschenrecht. Eine EU-Strategie zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit gegenüber Wasserknappheit muss in erster Linie den allgemeinen Zugang zu sauberem und erschwinglichem Trinkwasser und grundlegender Sanitärversorgung gewährleisten. In Zeiten zunehmender Wasserknappheit und konkurrierender Interessen bei der Wassernutzung muss klar sein, dass die öffentliche Wasserversorgung für den menschlichen Bedarf Vorrang hat. Um dies angesichts der immer schlimmer werdenden Wasserkrisen in der gesamten EU zu erreichen, sind öffentliche Kontrolle und Eigentum an Wasserressourcen, Betreibern und Infrastrukturen von entscheidender Bedeutung. Je mehr öffentliche Kontrolle, desto größer die Fähigkeit, öffentlich auf Wasserkrisen zu reagieren.
Was wir für die Zukunft brauchen
Investitionen in Hochwasserschutzanlagen, wie Dämme, Rückhaltebecken oder Zisternen, sind entscheidend für die Zukunft. Die nationale Umsetzung der Wiederherstellung von Ökosystemen ist dabei ein wichtiger Meilenstein. Wasser sollte bereits an Quell- und Nebenflüssen zurückgehalten werden, etwa durch Renaturierungsmaßnahmen an Bächen und Flüssen sowie durch den Schutz und die Wiederherstellung von Auwäldern. Bessere Regenwasserversickerung, Entsiegelung von Flächen, konservierende Bodenbearbeitung und Grünlandschaffung in der Landwirtschaft sowie veränderte Waldbewirtschaftung, Aufforstung und Wiedervernässung von Feuchtgebieten und Mooren unterstützen nicht nur Gewässer-, Natur- und Klimaschutz, sondern erhöhen zugleich die Erlebbarkeit von Natur für den Menschen. Wo einst Wasser in Betonkanälen geflossen ist, entstehen nun wieder Biotope und Artenvielfalt.
Die Lage ist ernst, aber wir können auch viel tun
Es gilt nun, vorbereitet zu sein und eine widerstandsfähige Infrastruktur aufzubauen, die alle Bereiche einer vorausschauenden Daseinsvorsorge umfassen muss. Von Wohnen, Energie- und Wasserversorgung bis hin zu Mobilität und dem Ausbau der Gesundheitseinrichtungen müssen wir uns jetzt an die neuen Gegebenheiten anpassen. Öffentliche Planung und Investitionen in eine klimaresiliente Infrastruktur sind das Gebot der Stunde. Sie entscheiden heute darüber, wie lebenswert unsere Zukunft wird.
Dies ist ein aktualisierter Beitrag aus der Zeitschrift „Wirtschaft und Umwelt“, Ausgabe 2/2025 mit dem Schwerpunkt „Klimaresiliente Infrastruktur“.