Für eine gelungene Mobilitätswende braucht es gut ausgebaute und leistbare Öffis. Bedingt durch die Budgetkrise ist hier einiges auf den unterschiedlichsten Ebenen ins Stocken geraten. Neben verschobenen Ausbauprojekten werden nun auch von einigen Verkehrsunternehmen die Preise zum Teil empfindlich erhöht.
Ist das der richtige Weg? Müssten bei der Tarifgestaltung nicht der langfristige, wirtschaftliche und gesellschaftliche Nutzen klimafreundlicher Infrastruktur berücksichtigt werden?
Trotz Öffi-Boom: Aufschub von Ausbau, Einsparungen von Personal und Verteuerung der Tickets
Noch nie sind in Österreich so viele Menschen mit Bus und Bahn gefahren wie im letzten Jahr. Die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) haben über 511 Millionen Reisende in Bus und Bahn transportiert und damit erstmals die Marke von einer halben Milliarde Fahrgäste überschritten. Das öffentliche Verkehrsnetz in Österreich wurde in den vergangenen Jahren stark ausgebaut und bietet ein attraktives Angebot. Dass dies und der weitere Ausbau Geld kosten und Preiserhöhungen bei Energie-, Material- und Personalkosten sich auch auf die Ausgaben der Verkehrsunternehmen und das staatliche Budget niederschlagen, ist nachvollziehbar. Als Konsequenz der Budgetkrise wird nun der flächendeckende Ausbau von öffentlichen Verkehrsmitteln gebremst. Die Stadt Wien überlegt, den Ausbau der U-Bahn zu verlangsamen, und auch in den Bundesländern werden Investitionen in den Öffi-Infrastrukturausbau zurückgestellt. Auf Bundesebene gibt es weniger Geld für den Bau neuer Bahnstrecken. Die ÖBB selbst – immerhin Österreichs größter Mobilitätsanbieter – müssen jährlich bis zu 600 Millionen Euro einsparen. Diese Summe wird nicht allein durch den Aufschub von Bauvorhaben und die Optimierung interner Abläufe hereinkommen, sondern wird, wie bereits sichtbar, zu einer weiteren Erhöhung der Fahrpreise und einem Rückgang der Dienstleistungen führen, wenn nicht umgedacht wird.
Bereits bekannte Preiserhöhungen sind die des Klimatickets Österreichs und die der Wiener-Linien-Tarife. Für die Stadt Salzburg ist zudem bekannt, dass der Preis, der Öffi-Tickets in der Stadt Salzburg um durchschnittlich 4,35 Prozent steigen wird. Es ist aber zu erwarten, dass es auch zu Erhöhungen in den anderen Bundesländern kommen wird.
Aktuelle Trends in der Tarifentwicklung
Viel Staub aufgewirbelt hat die mehrfache Verteuerung des Klimatickets Österreich innerhalb kürzester Zeit. Obwohl der Preis bereits mit 1.1.2025 von 1.095 Euro auf 1.179,30 Euro erhöht wurde, kam es bereits am 1.8.2025 zu einer weiteren Erhöhung, diesmal auf 1.300 Euro. Mit 1.1.2026 wird das Ticket 1.400 Euro kosten und wurde somit seit 1. Jänner 2025 um 305 Euro (rund 30 Prozent) verteuert.
Ohne viel Aufhebens haben 2025 auch alle Verkehrsverbünde bei ihren regionalen Klimatickets nachgezogen (siehe Tabelle) und es ist zu vermuten, dass auch 2026 weitere Erhöhungen folgen werden.
Preisentwicklung der unterschiedlichen Klimatickets/Jahreskarten
| Jahreskarte nach Regionen | Dezember 2024 | September 2025 | Jänner 2026 |
| Klimaticket Österreich | € 1.095,00 | € 1.300,00 | € 1.400,00 |
| | +18,72% | +27,85% | |
| Jahreskarte Wien | € 365,00 | € 365,00 | € 467,00 |
| | ±0% | +27,95% | |
| € 396,00* | € 396,00* | € 506,40* | |
| | ±0% | +27,88% | |
| VOR Wien, Niederösterreich & Burgenland | € 860,00 | € 898,00 | noch nicht bekannt |
| | +4,42% | ||
| € 901,00 | € 939,00* | ||
| | +4,22% | ||
| VOR Niederösterreich & Burgenland | € 495,00 | € 533,00 | keine weitere Erhöhung |
| | +7,68% | ||
| € 505,00* | € 543,00* | ||
| | +7,52% | ||
| Vorarlberg | € 421,00 | € 434,00 | € 448,00 |
| | +3,09% | +6,41% | |
| Tirol | € 561,80 | € 590,00 | noch nicht bekannt |
| | +5,02% | ||
| Kärnten | € 399,00 | € 430,00 | keine weitere Erhöhung |
| | +7,77% | ||
| Salzburg | € 365,00 | € 393,00 | € 399,00 |
| | +7,67% | +9,31% | |
| Oberösterreich | € 550,00 | € 592,00 | € 703,00 |
| | +7,64% | +27,81% | |
| Steiermark | € 499,00 | € 514,00 | keine weitere Erhöhung |
| | +3,01% |
* erhöhter Tarif bei monatlicher Abbuchung
Quelle: Verkehrsverbünde
Wien: Deutliche Preissteigerungen in allen Ticketkategorien
Die Stadt Wien hat nun als erstes die neuen Ticketpreise für 2026 veröffentlicht. Da zu erwarten ist, dass auch die anderen Verkehrsunternehmen Wien folgen werden, zahlt es sich aus, die Tarifpolitik in Wien einer näheren Betrachtung zu unterziehen: Die Jahreskarte, das Vorzeigeticket der Wiener Linien, deren Preis seit 2012 unverändert war und 1 Euro pro Tag bei Einmalzahlung kostete, wird nun in einem Schritt um rund 100 Euro und somit um ca. 28 Prozent verteuert. Die Erhöhung der Jahreskarte an sich überrascht grundsätzlich in schwierigen Budgetzeiten nicht. Sie bleibt auch unter der Inflation im Vergleichszeitraum (angepasst an die Entwicklung im Verbraucherpreisindex würde das 365-Euro-Ticket heute rund 530 Euro kosten).
Allerdings fällt die Erhöhung nach so langer Zeit des gleichbleibenden Preises im Verhältnis zum bisherigen von Preis 365 Euro bei Einmalzahlung hoch aus und ist allein aus diesem Grund für viele Jahreskartenbesitzer:innen, die mit gleichbleibenden Kosten geplant haben, mehr als ärgerlich. Ein schrittweises Vorgehen über mehrere Jahre hätte höhere Akzeptanz schaffen und zudem bestehende Ungleichgewichte ausgleichen können. Besonders unerfreulich ist zudem, dass die Tariflandschaft durch unterschiedlichste Zahlungsarten nun noch weiter aufgesplittert wird, obwohl selbst die Wiener Linien mit der neuen Tarifstruktur beabsichtigt haben, „das Sortiment zu vereinfachen“. Bei jeder Art von Jahreskarte gibt es in Zukunft vier (!) Tarife: analog/digital sowie Einmal-/monatliche Zahlung.
Soziale Aspekte bleiben weitgehend unberücksichtigt
Unabhängig von der sozialen Bedürftigkeit der Fahrgäste kommt es zu Preiserhöhungen. So wird der 31-Tage-Mobilpass, den die besonders schutzbedürftige Gruppe der einkommensschwachen Menschen in Wien unter bestimmten Voraussetzungen erwerben kann, um beinahe 28 Prozent erhöht. Die neu eingeführte ermäßigte Jahreskarte Jugend bekommen alle unter 26, ohne Differenzierung auf deren soziale Bedürftigkeit.
Dies ist grundsätzlich erfreulich, aber in Hinblick auf die gleichzeitige deutliche Preissteigerung für vulnerable Personengruppen und die Budgetknappheit ist diese Verteilung von Preisreduzierungen ohne soziale Abwägungen im Gießkannenprinzip abzulehnen. Noch dazu kommt es mit der Jahreskarte Jugend für Studierende bei gleichzeitiger Streichung der bisherigen Semestertickets zu einer Verdopplung der Öffi-Kosten. Auch die Erhöhung der Jahreskarte für Senior:innen und die gleichzeitige Abschaffung der ermäßigten Einzelkarten für Senior:innen treffen besonders einkommensschwache Senior:innen.
Einem Haushalt mit zwei Erwachsenen und studierenden Kindern werden Mehrkosten von mehreren hundert Euro pro Jahr zugemutet, ohne soziale Aspekte zu berücksichtigen. Gerade Haushalte mit geringerem Einkommen dürften zudem vermehrt davon betroffen sein, die Jahrestickets nicht auf einmal zahlen zu können – monatliche Zahlungen verursachen einen höheren Ticketpreis als bei Einmalzahlung.
Noch dazu gibt es die finanzielle Benachteiligung bei monatlicher Abbuchung derzeit nur in der Ostregion. Dass dies grundsätzlich nicht notwendig ist, zeigt der Vergleich mit anderen Bundesländern und dem österreichweiten Klimaticket, wo zwischen jährlicher und monatlicher Zahlung keine Preisdifferenz besteht.
Spürbare weitere Verteuerungen für Gelegenheitsfahrer:innen
Nachdem der Preis der Jahreskarte in Wien seit 2012 „eingefroren“ wurde, kam es bei allen anderen Fahrscheinkategorien zu mehrmaligen Preiserhöhungen. Dadurch entstand ein preisliches Ungleichgewicht zwischen günstigen Tarifen für Stammkund:innen und relativ teuren Einstiegshürden für neue Nutzergruppen. Wer derzeit mit zwei Einzelfahrscheinen unterwegs ist, zahlt pro Tag aktuell 4,80 Euro (ab 2026 6,40 Euro) – fast fünfmal so viel wie Jahreskartenbesitzer:innen. Die Chance, mit der Tarifanpassung dieses Ungleichgewicht zu reduzieren und Anreize für Gelegenheitsfahrer:innen zu schaffen, wurde nicht genutzt.
Sozial-ökologische Infrastruktur muss leistbar bleiben
Der öffentliche Verkehr ist ein Grundbedürfnis und muss daher für alle zugänglich bleiben. Gerade aufgrund des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Nutzens des öffentlichen Verkehrs sind dessen steigende Kosten nicht auf die Fahrgäste umzulegen. Andere Finanzierungswege sind daher notwendig, damit der öffentliche Verkehr für alle bezahlbar bleibt und die Mobilitätswende gelingt.
Noch dazu liegt dafür einsetzbares Geld quasi ungenützt auf der Straße. Wie eine Umverteilung zugunsten des öffentlichen Verkehrs bewerkstelligt werden kann, zeigt beispielsweise eine flächendeckende Lkw-Maut. In Wien könnten mit einer stärker differenzierten Parkraumbewirtschaftung (z. B. nach Pariser Vorbild) sowohl verkehrspolitische als auch budgetäre Ziele verfolgt werden. Die U-Bahnsteuer ist eine Dienstgeberabgabe, mit der der U-Bahnbau mitfinanziert wird. Diese Abgabe beträgt zwei Euro pro Beschäftigten und Woche. Sie wurde seit dem 1. Juni 2012 nicht erhöht und ist damit genauso alt wie die 365-Euro-Jahreskarte.
Wie im Verkehrsbereich eingespart wird, ist letztlich eine Verteilungsfrage: Trotz budgetärer Herausforderungen müssen klimafreundliche Infrastrukturen für die Vielen leistbar bleiben. Soziale Gerechtigkeit bedeutet auch, das Tarifangebot übersichtlich und einheitlich zu gestalten. Dabei müssen analoge und digitale Ticketkäufe gleichermaßen zugänglich sein. Gute Angebote für Gelegenheitsfahrer:innen machen den Umstieg vom Auto auf die Öffis attraktiv. Nur wenn wir die Strukturen für ein klimafreundliches Leben schaffen, kann die Mobilitätswende gelingen.