Smartphones, Laptops, Küchengeräte, elektronisches Kinderspielzeug und Sportgeräte gehören zu den beliebtesten Weihnachtsgeschenken. Gleich nach den Feiertagen steigen die Sammelmengen in Recyclingzentren deutlich an, weil viele Haushalte ihre alten Geräte ersetzen oder zum Jahresbeginn ausmisten. Aber Recyceln allein reicht nicht. Ohne Reduktion von Konsum und Produktion, langlebige Produkte und einen starken Reparatursektor kann keine echte Kreislaufwirtschaft entstehen.
Der Elektroschrottberg wächst ungebremst
Recycling ist ein wichtiger Bestandteil der Abfallwirtschaft, doch allein löst es nicht das Problem der wachsenden Müllberge. Denn trotz Fortschritten, wie einem Anstieg des recycelten Elektroschrotts von 2,4 Millionen Tonnen im Jahr 2012 auf 4 Millionen Tonnen im Jahr 2022, hinkt die EU ihren Zielen hinterher. Einer der Gründe ist die steigende Nachfrage an neuen Elektrogeräten, die die Recyclingquote im Verhältnis zur produzierten Menge von 31,7 Prozent (2012) auf 27,9 Prozent (2022) gesenkt hat. Europas Elektronikkonsum wächst ungebremst. Ein Handy wird im Schnitt nach drei Jahren ersetzt. Im Jahr 2023 wurden in der EU mehr als 14,4 Millionen Tonnen Elektro- und Elektronikgeräte verkauft. Damit stieg ihr Verkauf seit dem Jahr 2012 um 89 Prozent, was gleichzeitig mehr Elektroschrott bringt. Dieser wird allerdings nur unzureichend gesammelt und wiederverwertet. Im vergangenen Jahr wurden in der EU nur 5,2 Millionen Tonnen Elektroschrott gesammelt. Die Sammelquoten bleiben in vielen EU-Ländern viel zu niedrig, der EU-Durchschnitt liegt bei 37 Prozent. Österreich ist fleißiger, es werden rund 50 Prozent der Altgeräte ordnungsgemäß gesammelt.
Unkontrollierte Exporte und informelles Recycling
Fehlende (verpflichtende) Maßnahmen zur Sammlung und Recycling in Europa führen auch zu Export von Elektroaltgeräten. Statt eines Recyclings in formellen Zentren mit angemessenem Arbeitsschutz und Umweltschutzvorgaben kommt es häufig zu informellem Recycling und unkontrollierten Exporten. Hohe Kosten für die ordnungsgemäße Behandlung und Entsorgung der Geräte in Europa sind dabei ausschlaggebend, verursacht durch die Vielzahl an teils giftigen Materialien und die komplizierte Zerlegbarkeit. Dies begünstigt illegale Exporte aus der EU, sowohl interkontinental (etwa nach Afrika) als auch intraregional von Mitteleuropa nach Osteuropa.
Ein weiterer Faktor ist der informelle Handel mit Gebrauchtwaren zur Wiederverwendung. Ein besonders problematisches Thema ist die falsche Kennzeichnung defekter Geräte als wiederverwendbar. Ein Abfallwirtschaftsexperte der Electro Recycling Austria meint: „Wenn der Container angefüllt wird mit hundert funktionierenden Fernsehern, können Sie sicher sein, dass dann 30 kaputte auch dazukommen und dann irgendwo in Afrika auf der Halde landen. Das ist das Problem.“ Diese informellen Transporte und Recyclingpraktiken bergen erhebliche Risiken für die Personen, die darin tätig sind, sowie für Bevölkerung und Umwelt in den betroffenen Gebieten.
Grenzen von Recycling
Ein weiterer Aspekt ist, dass nur ein Teil der wertvollen Materialien tatsächlich zurückgewonnen wird. Dies liegt zum einen daran, dass bei gewichtsbasierten Quoten oft die notwendigen Qualitätsstandards für die Materialrückgewinnung fehlen. Zum anderen bleibt die Herausforderung, dass Recycling häufig profitgetrieben ist, was dazu führt, dass die Rückgewinnung von wertvollen Materialien wie Seltenen Erden unzureichend bleibt. Mit der vorhandenen Recyclinginfrastruktur ist es möglich, Metalle wie Kupfer und Gold effizient zurückzugewinnen. Seltene Erden hingegen weisen aufgrund ihrer geringen Konzentration in Elektroschrott und des komplexen Produktdesigns niedrige Recyclingraten auf, was ihre Rückgewinnung wirtschaftlich unrentabel macht.
Was braucht es, um den Elektroschrottberg zu verkleinern?
1. Kreislaufwirtschaft benötigt Ökodesign: Der kontinuierlich steigende Bedarf an neuen Geräten und der geplante Verschleiß vieler Produkte treiben den Elektroschrottberg weiter in die Höhe. Produkte werden oft so konzipiert, dass sie schnell ersetzt werden müssen, und neuere, attraktivere Produkte werden in kurzen Zyklen auf den Markt gebracht – ein Trend, der durch Recycling nicht gestoppt wird. Ein klassisches Beispiel ist der Austausch der Akkus bei Smartphones. Viele Hersteller gestalten diese Geräte so, dass der Akku nur schwer zugänglich oder gar nicht austauschbar ist. Dadurch wird eher das gesamte Gerät ersetzt, anstatt nur den Akku zu tauschen. Das fördert die kurzfristige Gewinnmaximierung der Hersteller, verringert jedoch die Lebensdauer der Produkte erheblich.
Die Ökodesign-Verordnung auf EU-Ebene zielt daher auf die Förderung langlebigerer Produkte und Reparierbarkeit ab. Die Verordnung gibt einen allgemeinen Rahmen vor und wird in den kommenden Jahren für die einzelnen Produktgruppen wie eben Elektrogeräte durchdiskutiert und erlassen. Sie soll zu Produkt- und Informationsmaßnahmen verpflichten und den Fokus von Energieeffizienz auf Ressourceneffizienz erweitern. Leider wurde ein Vernichtungsverbot von Neuwaren nur für Textilien und nicht für Elektrogeräte umgesetzt. Und eine offene Frage ist, wie es gelingen kann, Online-Händler wie Temu oder Shein in die Pflicht zu nehmen und zu regulieren, deren Produkte oft nicht den EU-Sicherheitsstandards entsprechen. Ein erster Ansatz ist der Beschluss der EU, die Zollfreigrenze von 150 Euro für Pakete aus Drittstaaten ab 2026 abzuschaffen, vor allem um die Paketflut aus China einzudämmen.
2. Kreislaufwirtschaft braucht Reparatur: Mit der Ökodesign-Verordnung verbunden ist das Recht auf Reparatur, welches als Richtlinie 2024 von der EU eingeführt wurde und von den Mitgliedstaaten bis Juli 2026 umgesetzt werden muss. Österreich hat dafür die Rahmenbedingungen, aber es gibt noch Hindernisse wie teure Reparaturen, mangelnden Zugang zu Informationen und Ersatzteilen und Produkte mit kurzer Lebensdauer. Der Reparaturbonus, den es seit 2022 bis Mai 2025 gab, hat zwar zu Bewusstseinsbildung und mehr Reparaturen beigetragen. Zu tatsächlicher Reduktion hat er aber bisher nur begrenzt geführt. Dies deutet darauf hin, dass es eine Kombination mit weiteren Regelungen und Maßnahmen braucht, um effektivere Ergebnisse zu erzielen.
Neu ab Dezember 2025 tritt die „Geräte-Retter-Prämie“ an Stelle des Reparaturbonus. Diese Prämie ist nicht mehr für Fahrräder, E-Bikes, Handys und Wellnessgeräte wie Massagesessel einlösbar. Diese Änderung soll eine langfristige und kontinuierliche Förderung ermöglichen, wobei der Fokus auf klassischen Elektrogeräten im Haushalt liegt. Insbesondere Smartphones wurden (neben Geschirrspülern, Waschmaschinen und Kaffeemaschinen) in den letzten Jahren aber am häufigsten repariert, wobei der Reparaturbonus ein entscheidender Faktor bei der Entscheidung zwischen Reparatur und Neukauf war.
3. Reduktion von Konsum und Produktion und neue Geschäftsmodelle sind der Schlüssel: Das Versprechen von Recycling und Kreislaufwirtschaft soll oft das Gewissen der Käufer:innen beruhigen und gleichzeitig kontinuierliche Absatzsteigerungen sichern. Dabei wäre in vielen Fällen eine grundsätzliche Reduktion von privatem und kommerziellem Konsum sowie der Produktion der weit wichtigere Schritt. Besonders in Österreich, wo pro Kopf viele Elektroaltgeräte anfallen, müssen Ansätze zur Reduktion des Absatzes stärker berücksichtigt werden: weniger Konsum, eine längere Nutzung von Geräten und gemeinschaftsbasierte Modelle wie Geräteverleih oder Reparaturinitiativen. Die Bereitstellung dieser Infrastrukturen wird aber weder auf EU-Ebene noch national in den politischen Strategien erwähnt. Wichtig wäre auch, dass vonseiten der Industrie langlebige Qualitätsprodukte angeboten werden und sich Wartung und Instandhaltung der Geräte möglichst simpel gestalten, etwa durch ein längeres Gewährleistungsrecht und garantierte Mindestlebensdauer (unterschieden nach Produktgruppen) und Dokumentationsdatenbanken für Reparaturen.
4. Die Schaffung von Arbeits- und Ausbildungsplätzen im Reparatursektor ist unerlässlich: um qualifizierte Fachkräfte zu fördern und das notwendige Wissen aufzubauen. Im Herbst 2025 startete die Reparatur-Akademie der Elektroaltgeräte-Koordinierungsstelle, um Fachkräfte im Reparatursektor auszubilden und somit die Reparaturkompetenz zu stärken. Der Aufbau einer Kreislaufwirtschafts-Industrie wird entscheidend sein, um nachhaltige Praktiken in der Industrie zu integrieren. Solche Maßnahmen können nicht nur Ressourcen sparen, sondern auch zu mehr sozialer und ökologischer Gerechtigkeit beitragen. Denn die Bedingungen entlang der globalen Wert- und Zerstörungskette – beim Abbau von Lithium und Kupfer, in der Produktion von Elektrogeräten sowie bei der Entsorgung und dem Recycling – führen zu erheblichen Belastungen für Menschen und die Umwelt.
Kreislaufwirtschaft birgt enormes Potenzial: Sie kann regionale Wertschöpfung stärken, neue Arbeitsplätze schaffen und Abhängigkeiten von instabilen globalen Lieferketten reduzieren.
Fazit
Österreich kann seine Ziele einer echten Kreislaufwirtschaft nur erreichen, wenn über das reine Recycling von Elektroaltgeräten hinausgedacht wird. Zentral dafür sind die Förderung von Wiederverwendung, Reparatur und Maßnahmen zur Reduktion des Ressourcenverbrauchs. Das erfordert neue, nachhaltige Geschäftsmodelle sowie hochwertige Arbeits- und Ausbildungsplätze im Reparatursektor. Solche Ansätze stärken nicht nur die regionale Wertschöpfung, sondern verringern auch die Abhängigkeit von instabilen globalen Lieferketten und machen das Wirtschaftssystem insgesamt widerstandsfähiger gegenüber Krisen. Entscheidend ist ein koordiniertes und integriertes Vorgehen, das ökologische Ziele ebenso berücksichtigt wie soziale Aspekte.
Hinweis: Global2000 führt derzeit eine Kampagne gegen Müll in Österreich.