Wer ist schuld an der höheren Inflation in Österreich? Gebühren? Ein Faktencheck

24. Februar 2015

Die Inflationsrate für das Jahr 2014 betrug – nach Eurostat-Berechnungen – für Österreich 1,5%, jene für Deutschland 0,8%. Im Euroraum stiegen die Preise nur um moderate 0,4%. Obwohl auch in Österreich das europäische Inflationsziel von 2% unterschritten wurde, sorgte die im EU-Vergleich höhere Inflation für eine Debatte über die Gründe dieses „nationalen Aufschlages“. Einmal mehr wurden höhere Gebühren ausgemacht. Betrachtet man jedoch den Anstieg der direkt administrierten Preise, so zeigt sich im Vergleich zu Deutschland kein Unterschied: In beiden Ländern war ein Anstieg von 2,5% zu verzeichnen.

Die Hauptpreistreiber in Österreich

Vor allem Lebensmittel und Mieten waren, wie schon in den vergangenen Monaten und Jahren, die Hauptpreistreiber. Während sich in Österreich die Lebensmittel 2014 im Durchschnitt um 1,8% verteuerten, betrug der Preisanstieg in Deutschland 0,9%; im Euroraum sanken sie sogar um 0,1 Prozent. Beim den Mieten zeigt sich ein viel düstereres Bild: Diese stiegen in Österreich mit 4% mehr als doppelt so stark als in Deutschland (+1,5%) und im Euroraum (+1,4%).

Preiserhöhungen bei den Lebensmitteln wirken sich besonders stark auf die Inflationsrate aus, da das Indexgewicht ein besonders hohes ist (11,8% der Gesamtausgaben entfallen auf Lebensmittel). Inflation besteht aus zwei Einflussfaktoren: dem Indexgewicht und der Veränderungsrate. Für eine seriöse Betrachtung müssen beide in die Rechnung miteinbezogen werden.

Dekoratives Bild © A&W Blog
Datenquelle: Eurostat © A&W Blog
Datenquelle: Eurostat

Wollte man für eine Ursachenfeststellung den allseits bemühten Begriff „hausgemacht“ verwenden, so träfe er in diesen beiden Fällen der Preissteigerung für Österreich zu.

Der permanente Anstieg der Mietzinse liegt wohl zum einen an einer mangelhaften Durchsetzung von Mietregulierungen des Gesetzgebers und zum anderen in einer äußerst zurückhaltenden Wohnbautätigkeit der öffentlichen Hand: beides ist hausgemacht. Eine schnelle Abhilfe könnte etwa die erneute Zweckbindung der Wohnbauförderung bringen.

Im Lebensmittelbereich verteilt sich die Einzelhandelstätigkeit auf drei große Konzerne. Die daraus resultierende Marktbeherrschung ist der Preis, den im wahrsten Sinne des Wortes alle KonsumentInnen zu zahlen haben, worauf auch ein erstes, noch nicht rechtskräftiges Urteile des Kartellgerichtes hindeutet.

Inflation, Gebühren und Tarife

Ein Europavergleich der Gebühren und Tarife unterliegt gewissen Einschränkungen, da hier die Vergleichbarkeit nur eingeschränkt gegeben ist. In dem von Eurostat ermittelten HVPI werden sie in der Kategorie „administrierte Preise“ erfasst. Darin enthalten sind neben klassischen Gebühren aber zB auch Lotteriepreise, die üblicherweise nicht damit assoziiert werden.

Betrachtet man nun die Entwicklung der administrierten Preise, so zeigte sich 2014 in der Tat ein überproportionaler Anstieg. Den stärkeren allgemeinen Preisanstieg in Österreich gegenüber Deutschland kann man damit trotzdem nicht erklären. Vergleicht man die Gesamtindizes ohne direkt administrierte Preise, so liegt der Preisanstieg in Österreich bei 1,4% und in Deutschland bei 0,7%. Die Inflationsdifferenz Gesamtindex minus Gesamtindex ohne direkt administrierte Preise ergibt somit jeweils 0,1 Prozentpunkte, bei Deutschland wie auch bei Österreich.

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Datenquelle: Eurostat © A&W Blog
Datenquelle: Eurostat

Die vor kurzem von diversen Institutionen in den Raum gestellte Behauptung, dass Österreich, verglichen mit Deutschland, einem besonders starken Inflationsdruck ausgesetzt ist, der von Gebühren- und Tariferhöhungen ausgeht, ist daher falsch: auf beide Länder, D und Ö, wirkt die Erhöhung der administrierten Preise in selber Höhe.

Wir haben kein Gebührenproblem, sondern ein Deflationsproblem

Abseits der zu Recht bestehenden Diskussion über diverse Preistreiber, sollte jedoch der Fokus auf wirtschaftspolitische Maßnahmen gerichtet sein, die eine drohende Deflationsspirale verhindern. Solche Maßnahmen bestehen u.a. aus einer aktiven Beschäftigungspolitik und dem Forcieren öffentlicher (Wohnbau-)Investitionen.