Levelling up in der Gleichbehandlung – zum Scheitern verurteilt?

01. Juli 2015

Seit mittlerweile 5 Jahren wird auf Bundesebene die gesetzliche Verankerung des sog. Levelling-up verhandelt. Es geht dabei um eine Ausdehnung des Schutzes vor Diskriminierung. Damit sollen Benachteiligungen aus Gründen der sexuellen Orientierung, des Alters, der Religion oder Weltanschauung auch außerhalb der Arbeitswelt verboten werden. Wer etwa ein homosexuelles Paar nur aufgrund der sexuellen Orientierung aus einem Lokal verwiest (Fall Cafe Prückel), einem lesbischen Paar mit zwei Kindern ein ermäßigtes Familienticket verweigert (Fall Minimundus) oder eine Wohnung nicht an homosexuelle Menschen vermieten will, soll zur Zahlung von Schadenersatz wegen der persönlich erlittenen Beeinträchtigung verpflichtet werden können.

Das Sozialministerium hat mehrfache Anläufe zur Umsetzung eines umfassenderen Diskriminierungsschutzes gestartet, der Koalitionspartner hat seine Zustimmung dazu allerdings bis dato verweigert. Ebenso haben sich konservative Kräfte gegen eine Umsetzung gestellt.

Auch der letzte Ministerrat vor der parlamentarischen Sommerpause wurde nicht genutzt um eine entsprechende Novelle auf den Weg zu schicken, obwohl die Praxis seit langem zeigt, dass Handlungsbedarf besteht.

Umfassender Schutz vor Diskriminierung nur am Arbeitsplatz

Der Schutz vor Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf aufgrund des Geschlechts, der ethnischen Zugehörigkeit, der sexuellen Orientierung, des Alters, der Behinderung der Religion oder Weltanschauung ist in den europäischen Rechtsvorschriften verankert und national nahezu in allen europäischen Staaten umgesetzt. D.h niemand darf beispielsweise aufgrund seiner /ihrer sexuellen Orientierung am Arbeitsplatz belästigt, gekündigt oder weniger bezahlt bekommen. Betroffene können sich rechtlich zur Wehr setzen. In Österreich erfolgte die Umsetzung im Wesentlichen im Gleichbehandlungsgesetz bzw Bundesgleichbehandlungsgesetz und im Behinderteneinstellungsgesetz.

Anderes gilt für den Bereich „außerhalb der Arbeitswelt“, also beim Zugang zu und der Versorgung mit Gütern und Dienstleitungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, einschließlich Wohnraum: Hier normiert das Österreichische Gleichbehandlungsgesetz den Schutz vor Benachteiligungen lediglich aufgrund des Geschlecht und der ethnischen Zugehörigkeit, wobei der Diskriminierungsschutz für das Merkmal der ethnischen Zugehörigkeit am weitreichendsten ist. Er umfasst auch den Sozialschutz, soziale Vergünstigungen und die Bildung. Der Schutz vor Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen ist im Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz geregelt. Sexuelle Orientierung, Alter, Religion oder Weltanschauung sind im Bereich des „täglichen Lebens“ (noch) nicht geschützt, sie sind lediglich im Bereich der Arbeitswelt erfasst.

Kein Doppelzimmer für homosexuelles Paar

Es ist daher beispielsweise nach wie vor möglich einem homosexuellen Paar die Vermietung eines Doppelzimmers in einer Frühstückspension ohne Sanktionen zu verweigern. Auch andere Dienstleitungen, wie der Zutritt zu Freizeiteinrichtungen, können aus diesem Grund verweigert werden.

Benachteiligungen aufgrund des Alters sind ebenso nicht erfasst. So ist es zulässig, einem älteren oder jüngeren Menschen mit dem Hinweis auf sein Alter eine Wohnung oder den Zugang zu kulturellen Veranstaltungen zu verwehren.

Verhandlungen auf europäischer und innerstaatlicher Ebene

Das Levelling up geht zurück auf einen Entwurf einer Antidiskriminierungsrichtlinie (KOM 2008/426) aus dem Jahr 2008, die den Schutz vor Diskriminierung (außerhalb der Arbeitsmarktes) für die Merkmale sexuelle Orientierung, Alter, Religion oder Weltanschauung sowie Behinderung vorsieht. Durch diese Richtlinie soll ein Rahmen für das Verbot der Diskriminierung aus allen diesen Gründen gesetzt und in der Europäischen Union ein einheitliches Mindestschutzniveau festgelegt werden. Leider ist es auch auf europäischer Ebene noch nicht gelungen, eine diesbezügliche Richtlinie zu verabschieden.

In Österreich sah zwar bereits eine Regierungsvorlage   aus dem Jahr 2010 einen Diskriminierungsschutz außerhalb der Arbeitswelt vor, nämlich beim Zugang zu und der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, inklusive Wohnraum. Sie scheiterte jedoch im parlamentarischen Prozedere. Weitere Bemühungen eine Ausdehnung des Schutzes vor Diskriminierungen gesetzlich zu verankern blieben seither – trotz positiven Begutachtungsverfahren im Jahr 2010 – erfolglos.

Gleichstellung nur auf internationalen Druck?

Wie die oben dargestellten Praxisfälle zeigen, wäre es wichtig den Diskriminierungsschutz in Österreich für den Bereich „außerhalb des Arbeitswelt“ auf die Merkmale sexuelle Orientierung, Alter, Religion oder Weltanschauung auszudehnen. Besonders beim Zugang zu Gütern und Dienstleitungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, einschließlich des Zugangs zu Wohnraum, haben die praktischen Erfahrungen Handlungsbedarf aufgezeigt. Es ist nicht einsichtig, weshalb beispielsweise ein Lokal ohne Sanktionen einem schwulen Paar den Zutritt verweigern darf – umgekehrt aber, wenn KundInnen Beschäftigte dieses Lokals aufgrund ihrer sexuellen Orientierung beschimpfen, zum Schadenersatz verpflichtet werden können. Bei Zweiterem greift nämlich das Gleichbehandlungsgesetz für den Bereich der Arbeitswelt.

Da aber die bisherigen Fortschritte im österreichischen Gleichbehandlungsrecht vielfach erst aufgrund europäischer Verpflichtungen oder aufgrund höchstgerichtlicher Entscheidungen erzielt wurden, bleibt abzuwarten, ob die noch anstehenden notwendigen Änderungen auch nur aufgrund von europäischen bzw. internationalen Druck umgesetzt werden.

Es wäre ein wichtiges Signal für die Gleichstellung in Österreich, wenn die Initiative zur Umsetzung dieser Bestimmungen diesmal von Österreich ausginge und nicht die Diskussionen auf europäischer Ebene abgewartet würden.