Ernteausfall: EU-Mittel bleiben liegen, Kosten werden sozialisiert

01. September 2015

Die Wetterkapriolen der letzten Jahre schaden den Erträgen in der Landwirtschaft. Was tun, wenn der Regen in einer Region ausbleibt und in anderen Gegenden die Felder überflutet? Bangen und hoffen auf eine Entschädigung auf Kosten der Allgemeinheit? Oder doch selber vorsorgen? Ein solidarisches System in Form einer umfassenden Ernteversicherung könnte die Lösung sein. Je mehr Landwirte solche Risiken versichern, desto geringer die Kosten. Das EU-Agrarbudget stellt dafür Fördergelder zur Verfügung. Gut gemeint, doch Österreich holt die Gelder für die Ernteversicherung aus Brüssel nicht ab. Stattdessen werden die Bauern aus dem Budget entschädigt und die Kosten damit sozialisiert.

Für die Landwirtschaft wird ein Versicherungssystem auf Gegenseitigkeit von der EU finanziell unterstützt. Damit setzt die EU-Agrarpolitik ein Zeichen, dass Vorsorge ein wichtiger Teil der gemeinsamen Agrarpolitik geworden ist. 2015 war es die Dürre, 2013 Hochwasser und Trockenheit – Jahr für Jahr werden Schäden in der Landwirtschaft gemeldet. Die Auswirkungen sind sowohl regional als auch produktspezifisch sehr unterschiedlich. 2015 sind die Ost- und Südregion und Teile Oberösterreichs besonders betroffen. Für Getreidebauern ist es dennoch ein sehr gutes Jahr. Weinbauern rechnen mit außergewöhnlichen Erträgen. Mindererträge sind hingegen bei Feldfrüchten zu erwarten, die spät geerntet und nicht bewässert wurden. Obwohl die Höhe der Ernteausfälle noch nicht abschätzbar ist liegen bereits konkrete Forderungen nach Entschädigungen am Tisch. Gezahlt werden soll aus dem Katastrophenfonds. Das mit 2,1 Milliarden Euro reichlich dotierte Budget des Landwirtschaftsministeriums soll für die Zahlungen an die Landwirte aber nicht angetastet werden.

EU für Risikovorsorge

Das Agrarreform-Paket 2014 bis 2020 bietet EU-Gelder für eine umfassende Ernteversicherung. Geregelt ist diese Risikovorsorge in den Artikeln 36 bis 39 der Verordnung 1305/2013. Die EU stellt Finanzbeiträge für Ernte-, Tier- und Pflanzenversicherungen aus dem Agrartopf zur Verfügung. Die Beiträge für die Bauern werden subventioniert. Mit den verbilligten Versicherungsprämien soll ein Anreiz geschaffen werden, das zunehmende Risiko selbst zu versichern und aktives Risikomanagement zu betreiben. Unterstützt wird auch die Einrichtung von Fonds auf Gegenseitigkeit, um die Entschädigung abzudecken. Die Kommission wollte damit ein modernes Instrument zur Einkommensstabilisierung schaffen. Sie überlässt es den Mitgliedstaaten, dieses Angebot anzunehmen und die EU-Agrargelder dafür abzurufen. Im österreichischen Programm zur Umsetzung der EU-Fördermaßnahmen mit dem Titel „Ländliche Entwicklung“ werden zwar jährlich 1,1 Milliarden Euro vornehmlich an die Landwirtschaft ausbezahlt. Die Ernteversicherung wird jedoch in diesem Maßnahmenkatalog nicht angeboten.

Landwirtschaftsbudget statt Katastrophenfonds

Der Katastrophenfonds dient zur Finanzierung von „Maßnahmen zur Vorbeugung gegen künftige und zur Beseitigung von eingetretenen Katastrophenschäden“. „Mit dem Katastrophenfonds soll also vor allem Katastrophen verhindert werden. Dreiviertel der Gelder des Katastrophenfonds werden für die Wildbach- und Lawinenverbauung bereitgestellt.

Die Praxis, dass im Schadensfall der Katastrophenfonds angezapft wird, schont das Agrarbudget. Gleichzeitig wird die Belastung auf andere verschoben. Denn gespeist wird der Katastrophenfonds aus Einkommens-, Lohn- Kapitalertrags- und Körperschaftssteuer. Alle diese Steuern haben gemein, dass die Landwirtschaft – aufgrund großzügiger Ausnahmeregelungen – kaum zu ihren Aufkommen beiträgt.

Gleichzeitig wird aber auch bei den betroffenen Bauern das Bewusstsein geschaffen, Eigenvorsorge durch Versicherungen hintanzuhalten. Auch die in Österreich angebotene Ernteversicherung für Hagel und Frostschäden wird nicht aus dem EU-Agrarbudget und auch nicht aus dem nationalen Landwirtschaftsbudget, sondern mit Mitteln aus dem Katastrophenfonds sowie aus Länderbudgets bezuschusst. Im Jahr 2014 waren das 42 Millionen Euro für die Subventionierung von Versicherungsbeiträge der Landwirtschaft und 35 Millionen Euro an Dürreentschädigung aus Katastrophenfonds und Landesbudgets.

Diese Mittel wurden damit de facto dem Hochwasserschutz entzogen. Dabei dient gerade dieser dazu Schäden , hier etwa in Form von überfluteten Ackerböden, erst gar nicht entstehen zu lassen.

Klimawandel und Zukunft der Ernteversicherung weltweit wichtiger

In den USA ist mittlerweile eine umfassende Einkommens- und Ernteversicherung die wichtigste agrarpolitische Maßnahme. Das wird verstärkt auch in Österreich gefordert, würde aber bedeutet, dass sämtliche Betriebe Aufzeichnungen über ihre Einnahmen und Ausgaben führen müssten. Das stößt auf Widerstand.

In Österreich wird hingegen über eine andere Ausweitung der Ernteversicherung nachgedacht. Finanziert werden soll die Unterstützung – nicht über das Agrarbudget, wie in den USA oder wie es sich die EU vorstellt, sondern über den Katatstrophenfonds. Damit ist die nächste Katastrophe für den Katastrophenfonds schon vorprogrammiert.