Einkommensberichte: Ein nützliches Instrument für mehr Entgeltgleichheit?

21. Oktober 2014

Vor wenigen Tagen erinnerte Equal Pay Day einmal mehr daran, dass Frauen bei gleicher Arbeitszeit noch immer um 23 Prozent weniger verdienen als Männer. Transparenz ist ein mögliches Mittel, diesem Einkommensnachteil von Frauen zu begegnen. Diese zu erhöhen war auch die Idee bei der Einführung der betrieblichen Einkommensberichte. Hier muss dargestellt werden, wie Frauen und Männer eingestuft sind und wieviel sie in diesen jeweiligen Stufen verdienen. Drei Jahre nach Einführung der Berichte stellt sich die Frage, ob die Theorie in der Praxis auch wirklich funktioniert. Eine Befragung der BetriebsrätInnen durch ÖGB und AK zeigt positive Tendenzen und viel Verbesserungspotenzial.

Die Berichte wurden 2011 eingeführt und müssen seit 2014 auch von Unternehmen mit mehr als 150 MitarbeiterInnen erstellt werden. Knapp 2.700 Mitglieder von Betriebsratsgremien in den Unternehmen mit Berichtspflicht beteiligten sich an der Online-Umfrage. Die Ergebnisse sind nicht repräsentativ, zeigen aber eindeutige Tendenzen, die aufschlussreich für die Weiterarbeit sind.

Die Bilanz über das neue Instrument für mehr Entgeltgleichheit ist durchaus positiv: Das Instrument der Einkommensberichte wird von den BetriebsrätInnen als hilfreich angesehen. Für 71 Prozent der Antwortenden sind die Berichte (eher) aussagekräftig, 63 Prozent der Antwortenden schätzten ihn als sehr oder eher nützlich für die Betriebsratsarbeit ein. Ein knappes Drittel sah ihn als hilfreich bei Einzelfällen.

Dekoratives Bild © A&W Blog
© A&W Blog

Mehr Informationen als gesetzlich vorgegeben

Die Berichte müssen laut Gesetz jedenfalls die Zahl der beschäftigten Frauen und Männer je Entlohnungsstufe (Kollektivvertrag, betriebliches Schema oder anderes) sowie das durchschnittliche gesamte Entgelt getrennt nach Frauen und Männer enthalten. Die Mindestinhalte waren in den Berichten überwiegend enthalten, teilweise gab es kleinere Lücken.

Dass die gesetzlichen Vorgaben nur ein Minimum mit begrenzter Aussagekraft darstellen, fanden dabei offenbar auch viele Arbeitgeber und machten freiwillig zusätzliche Angaben. So gab es bei 45% der Berichte eine Unterscheidung von Vollzeit und Teilzeit, bei weiteren 16% wurde diese Information auf Anforderung des Betriebsrates zur Verfügung gestellt bzw. zugesagt.

Bei jeweils einem Drittel der Rückmeldungen wurde angegeben, dass die Berichte von vornherein Angaben zu Über- und Mehrstunden, Karenzzeiten oder Zulagen enthielten. Waren diese Informationen nicht enthalten, wurden sie häufig von BetriebsrätInnen erfolgreich nachgefordert (16% Über-/Mehrstunden, 14% Karenzzeiten und 11% Zulagen).

Aber nicht immer waren die Arbeitgeber Willens, vom Betriebsrat angefragte Angaben auch tatsächlich bereitzustellen. Bei allen genannten Zusatzinformationen gaben ein bis drei Prozent der Antwortenden an, dass ihnen zusätzlich geforderte Angaben verweigert wurden.

Eindeutige Einkommensunterschiede

Bei den Einkommen selbst brachten die Berichte eindeutige Unterschiede zum Vorschein. In jeweils einem Drittel der Fälle wurden Frauen entweder schlechter eingestuft oder in der gleichen Entlohnungsstufe schlechter entlohnt. Dass Männer benachteiligt wurden, gaben in beiden Kategorien nur jeweils zwei Prozent der Antwortenden an.

Dekoratives Bild © A&W Blog
© A&W Blog

Erfreulich ist, dass sich in 23 Prozent der Fälle der Arbeitgeber stärker mit der Einkommensschere auseinandersetzt, in fast 21 Prozent zeigt er auch Bereitschaft zu Maßnahmen wie Schulungen, bessere Vereinbarkeit und Frauenförderplänen.

In diesem Zusammenhang lohnt sich auch ein Blick darauf, wie hoch die Bereitschaft zum Handeln in jenen Betrieben ist, wo der Bericht Ungleichheiten in der Entlohnung ergab. Dabei zeigt sich, dass Unterschiede in einer der beiden Kategorien – Verteilung auf die Entlohnungsstufen oder innerhalb der Stufen – nur bei einer Minderheit der betroffenen Arbeitgeber dazu führt, sich mit möglichen Maßnahmen auseinanderzusetzen. Nur bei 15% bzw. 21% konnten die antwortenden BetriebsrätInnen eine Bereitschaft dazu erkennen.

Dieses Bild kehrt sich um, wenn man die Unternehmen betrachtet, in denen der Bericht in beiden Kategorien Unterschiede zutage brachte – ein solches Ergebnis ist offensichtlich doch für die Mehrheit der Arbeitgeber ein Auftrag zum Handeln. Hier konnten in 80% der Fälle die Antwortenden von der Bereitschaft zu Maßnahmen berichten, nur 20% der Arbeitgeber verweigerten solche.

In Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten war es bereits der zweite Bericht. Dabei waren positive Entwicklungen zu verzeichnen: Die Qualität der Berichte wurde insgesamt besser, während die Lohnunterschiede leicht abnahmen.

Für genauere Angaben und gegen Verschwiegenheit

Trotz der vielen positiven Aspekte wiesen die BetriebsrätInnen auch auf eine Reihe von Problemen hin. Für viele war der Bericht ohne zusätzliche Informationen nicht verwertbar, dementsprechend gab es den Wunsch nach genaueren Angaben, etwa die Aufgliederung in Gehaltsbestandteile (Grundlohn, Zulagen, Über-/Mehrstunden…) Ein Fünftel hatte Probleme mit der Verschwiegenheit, was dem Ziel der Transparenz zuwiderläuft.

Es ist daher notwendig, einen offeneren Umgang mit Bericht zu ermöglichen, etwa in dem die Regelungen zur Verschwiegenheit gelockert werden, aber auch indem z.B. der Bericht an alle Betriebsrat-Mitglieder verschickt wird oder den ArbeitnehmerInnen besserer Zugang dazu ermöglicht wird.

Damit die Bericht nicht einfach in der Rundablage landet, sollte es einen verpflichtenden Austausch zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat über den Bericht geben. Hat der Bericht Unterschiede zutage gebracht, muss ein konkreter Maßnahmenplan folgen, wie diese beseitigt werden können. In Schweden, das als Muster für das österreichische Modell gedient hat, ist ein solcher “Aktionsplan” seit vielen Jahren verpflichtend. Dort müssen auch sehr viel kleinere Unternehmen – nämlich solche mit mehr als 20 Beschäftigten – bereits Einkommensberichte erstellen. Das klingt für hiesige Verhältnisse fast utopisch. Mit der Einführung der Einkommensberichte ist allerdings ein wichtiger Schritt gelungen, den viele nicht für möglich gehalten hatten, auch wenn etliche Abstriche gegenüber dem Vorbild gemacht werden musste. Österreich ist eben nicht Schweden – zumindest noch nicht.