Ein Land in Bauernhand – Zur Diskussion um die Agrarförderungen der EU

26. Februar 2013

Es geht um eine kleine Gruppe in der Bevölkerung, aber Lärm machen sie wie die Großen. Die VertreterInnen der Agrarwirtschaft fordern mehr Geld, obwohl die Betriebe nicht weniger bekommen als bisher und sich die Einkommen in den letzten Jahren sehr gut entwickelt haben. Dabei könnte Österreich viel Geld sparen, ohne auch nur einen Cent aus Brüssel zu verlieren.

 

Österreich wird dominiert von den Interessen der rund 170.000 bäuerlichen Betriebe, die es hierzulande gibt. Zum Vergleich: In Österreich werken rund 3,2 Millionen unselbständig Beschäftigte. Aber trotzdem: Die VertreterInnen der Agrarwirtschaft sind im Parlament überproportional vertreten (allein der Bauernbund rühmt sich seiner 15 von 183 NR-Abgeordneten), sie sind gut vertreten in den Medien und haben erheblichen Einfluss auf die Bankenlandschaft. Mann – und ab und an Frau – trifft sich bei Jägerbällen und beim Sauschädelessen.  All das gehört irgendwie zum runden und gemütlichen österreichischen Wesen. Unrund und ungemütlich werden die AgrarvertreterInnen aber, wenn sie das Brüsseler Verhandlungsergebnis zum EU-Budget kommentieren.

Berlakovich verlangt 72 Millionen Euro mehr im Jahr aus dem nationalen Budget; die Hälfte davon soll nach seinen Aussagen die vorgebliche Kürzung bei den EU-Agrarfördergeldern kompensieren, die andere Hälfte als Kofinanzierung dienen. Dieser Wunsch ist bei genauerer Betrachtung besonders frech, denn damit möchte er im Kern, dass wir die zusätzlichen nationalen Mittel durch nationale Mittel (!) kofinanzieren. Aber nun ganz allgemein zu den Fakten hinter Berlakovich‘s Aussagen:

Bekommen die Bauern tatsächlich weniger aus Brüssel?

In Österreich erhält ab 2014 jeder geförderte bäuerliche Betrieb im Durchschnitt 10.950 Euro von der EU (also ohne Kofinanzierung). In der letzten Finanzierungsperiode waren es rund 9.800 Euro. Tatsächlich ist das also eine gute Inflationsanpassung, davon können andere Menschen nur träumen, zB jene, die Pflegegeld, Familienbeihilfe oder Stipendien beziehen. Dh, allein aufgrund der stetigen Abnahme an Agrarbetrieben ist eine Kompensation also gar nicht nötig um das aktuelle Niveau der EU-Agrarförderungen aufrecht zu erhalten. Nicht vergessen sollte man aber zugleich, wer denn tatsächlich von den Fördermitteln profitiert. So entfiel im Jahr 2011 beinahe ein Fünftel der gesamten Agrarfördermittel auf nur 3 % der Betriebe, das macht im Durchschnitt für jeden in dieser Gruppe rund 79.000 Euro. Auf der anderen Seite mussten sich 35% der Betreibe mit nur einem Sechszehntel – also durchschnittlich 2.100 Euro – der Förderungen zufrieden geben.

Nun zum zweiten und weitaus bedeutenderen Punkt, den Berlakovich völlig ignoriert. Österreich bräuchte nicht mehr sondern weniger nationale Mittel für die Agrarförderung aufwenden. Denn in Brüssel wurden andere Kofinanzierungssätze beschlossen. Und die liegen mit 47 % (bzw in einigen Bereichen mit 25 %) unter den bisherigen von 50 %.  Bisher lautete das österreichische Diktum ja: Wir wenden so viel nationale Mittel auf, wie wir brauchen, um uns das Geld aus Brüssel zu holen und wir müssen ausgabenseitig konsolidieren. Bei beidem unterstützt uns Brüssel: Künftig ist also viel weniger Geld aus dem nationalen Haushalt nötig um die EU-Mittel in vollem Umfang „abzuholen“.

Das ist die Faktenlage, die natürlich den obersten Bauernvertreter nicht kränkt. Er geht davon aus, dass das Kofinanzierungsniveau so bleibt wie es ist und zusätzlich noch die Differenz zwischen alten und neuen EU-Fördermitteln ausgeglichen wird.  Mehr ist immer besser, auch wenn die SteuerzahlerInnen dabei doppelt draufzahlen. Dabei hat sich das bäuerliche (pro Kopf) Einkommen seit dem Jahr 2000 fast verdoppelt  und die Rohstoffpreise steigen weiter. Es trübt das Bild auch nicht, dass die meisten Bergbauern, die ja immer als Grund für mehr Förderung herhalten müssen, im bekanntermaßen alpinen Niederösterreich und nicht etwa in Tirol oder Salzburg beheimatet sind. Alles egal: Das Brüsseler Ergebnis reicht den BauernvertreterInnen nicht, daher müssen die ÖsterreicherInnen mehr Geld locker machen.

Die VerliererInnen dieser Debatte sind nicht nur die SteuerzahlerInnen, sondern auch die Menschen im ländlichen Raum. Denn dahingehend haben sich die AgrarvertreterInnen schon festgelegt:  „Wenn nicht mehr Geld aus dem allgemeinen Budget kommt, wird man die aufzubringenden Summe aus dem nicht-agrarischen Bereich kompensieren müssen“ so Bauernbundpräsident Jakob Auer.  Gemeint sein können damit nur jene Mittel die der Verbesserung der Lebensqualität im ländlichen Raum  dienen sollten.  Auer verschweigt hier aber, dass von der rund einer Milliarde Euro im Jahr die in Österreich für den ländlichen Raum aufgewendet wird, rund 90 % pro Jahr an die Landwirtschaft gehen und nicht einmal ein Zehntel für den „kleinen“ Teil der Landbevölkerung vorgesehen sind, die keine Landwirtschaft haben. Wenn die SteuerzahlerInnen nicht herhalten, dann nimmt man also auch noch jenes wenige Geld, das allen Menschen im ländlichen Raum zu Gute kommen soll.