Die Wirtschaftskapitäne und die Steuern

04. Juni 2014

In der jüngsten Medienkampagne von Industriellen und Bankern (Eder – voestalpine, Roiss – OMV, Industriellen-Präsident Kapsch, Treichl – Erste Bank, Schaller – RZB OÖ usw.) zum Thema Wirtschaftsstandort wird neben den Arbeitskosten und den Energiekosten auch die Steuerbelastung in Österreich kritisiert und von manchen auch mit der Drohung von Abwanderung der Unternehmen verbunden. Ihre Kritk bezüglich Arbeitskosten und Energiekosten ist leicht widerlegbar und die Höhe der Gewinnbesteuerung in Österreich ist nicht kritisierbar, weil diese sehr günstig ist.

Die aus ihrer Sicht in Österreich zu hohe Steuerbelastung wird hauptsächlich nur generell anhand der allgemeinen Abgabenquote kritisiert. Diese hat allerdings wenig Aussagekraft, sie sagt nichts darüber aus, welche gesellschaftlichen Gruppen in welcher Höhe Steuern zahlen. Konkreter werden nur die Banker, die die Bankenabgabe mit Verweis auf die zukünftigen Zahlungen in den EU-Bankenabwicklungsfonds im Visier haben Es kommt auch vor, dass die Belastung der Löhne bzw. die zusätzlichen Abzüge von Lohnerhöhungen kritisiert werden. Dies geschieht offensichtlich mit dem Hintergedanken, dass dadurch die ArbeitnehmerInnen bei zukünftigen Brutto-Lohnforderungen bescheidener werden sollen. Teilweise werden auch die jüngsten steuerlichen Maßnahmen, insbesondere die Beschränkung der Abzugsfähigkeit von Managergehältern vom steuerlichen Gewinn auf 500.000 Euro, angeführt (vgl. Format 16.2014).

Abgesehen davon, wird die Gewinnbesteuerung nicht generell als zu hoch kritistiert. Auch nicht die nun erfolgten Einschränkungen bei der Gruppenbesteuerung und der Abzugsfähigkeit von Zins- und Lizenzzahlungen an Konzerngesellschaften in Steueroasen. Damit würden sie ja auch zugeben, dass sie wie die öffentlich massiv kritisierten googl und Co. agieren.

Fakten zur Gewinnbesteuerung

Obwohl andere Länder inzwischen nachgezogen sind – was beweist, dass der Wettbewerb über die Gewinnsteuern wirtschaftspolitisch sinnlos ist – ist der 2005 von 34 auf 25 Prozent gesenkte Satz der Körperschaftssteuer auf Unternehmensgewinne international verglichen noch immer günstig.

Dieser Satz und die zusätzlichen Gestaltungsmöglichkeiten ergeben, dass die Einnahmen an Gewinnsteuer in Österreich sehr niedrig sind: 2012 kamen 5,2 Prozent aller Steuereinnahmen (OECD-Schnitt 8.6 Prozent) bzw. 2,3 Prozent des BIP  (OECD-Schnitt 3 Prozent) (Quelle OECD).

Die effektive Steuerleistung österreichischer Großunternehmen beträgt laut den Jahresabschlüssen nur 19 Prozent (Unternehmensmonitor AK Wien). Auch die EU-Kommission kommt für Österreich auf einen durchschnittlichen Steuersatz bei Gewinnen von 20,4 Prozent. Zum Vergleich: die durchschnittliche Abgabenbelastung aller Löhne und Gehälter ist mit  40,8 Prozent (2011) doppelt so hoch.

Die Steuerlast verschob sich langfristig zu den ArbeitnehmerInnen und KonsumentInnen: Während die Lohnsteuer von 1992 bis 2013 um 139 und die Umsatzsteuer um 98 Prozent gewachsen sind, sind die Unternehmenssteuern (Körperschaftssteuer, Einkommensteuer, Kapitalertragssteuer (KeSt) von Gewinnausschüttungen und Bankenabgabe, früher auch Gewerbe- und Vermögensteuer) nur um 88 Prozent gewachsen. Und dies bei stärker als die Lohneinkommen wachsenden Gewinnen.

Die Bankenabgabe ist gerechtfertigt

Sie wurde gerechtfertigterweise eingeführt, weil die Banken ab 2008 den Staatshaushalt durch die Bankenrettungspakete besonders belasteten. Netto kosteten die Bankenhilfen von 2008 bis April 2013 7 Milliarden Euro (inkl. Zinskosten für die Republik, abzüglich Verzinsung für das Partizipationskapital und Haftungsentgelte) (Budgetanalyse AK Wien, Seite 26).

Die Gewinnsteuerleistung der Banken war in den Boomjahren vor der Finanzkrise bei bester Gewinnlage deutlich geringer als die der anderen Unternehmen. 2007 betrug sie gar nur 6,4 Prozent des Jahresüberschusses vor Steuern, im letztverfügbaren Jahr 2012 nur 12 Prozent des Jahresüberschusses (Quelle: AK-Analyse der Jahresabschlussstatistiken der OeNB).

Oft wird beklagt, dass auch diejenigen Kreditinstitute die Bankenabgabe zahlen müssen, die keine Staatshilfe erhalten haben. Von der Stabilisierung des Sektors profitieren allerdings auch diejenigen, die keine Staatshilfe notwendig hatten. Nicht vergessen werden sollte, dass die Großinstitute mit ihren Töchtern in Osteuropa die österreichischen SteuerzahlerInnen durch die Gruppenbesteuerung für die Verluste dieser Töchter mitzahlen lassen. Diese Probleme der österreichischen Großbanken in Osteuropa sind auch der Grund dafür, dass die Republik Österreich bei der Ratingagentur Standard&Poor’s die Bestnote (AAA) verloren hat. Und die Einführung einer Finanztransaktionssteuer verzögert und verwässert sich – nicht zuletzt aufgrund des Lobbying der Banken – immer mehr.

Die Drohungen mit Verlagerung des Sitzes ins Ausland: Die Bankenabgabe wird von der Bilanzsumme bemessen. Eine Verlagerung des Sitzes ins Ausland hätte kaum Auswirkungen auf die Bemessungsgrundlage. Solange Bankgeschäfte (Spareinlagen und Kreditvergaben) im Inland betrieben werden, schlägt sich dies in der österreichischen Bilanzsumme nieder. Es wird wohl nicht beabsichtigt sein, diese Bankgeschäfte im Inland nicht mehr zu tätigen.

Beispiele für Steuerleistungen österreichischer Großunternehmen

ERSTE Bank:

Lt. Format 16/2014 beklagte sich CEO Treichl, dass die Erste 2013 311 Millionen Euro Gewinnsteuer und 311 Millionen Euro Bankenabgabe zu zahlen hatte. Nicht erwähnte er, dass die Bankenabgabe in Österreich 166 Millionen ausmachte und der Rest in ausländischen Staaten (insbesondere in Ungarn) anfiel. Die Gewinnsteuerleistung der österreichischen Muttergesellschaft machte 30 Millionen Euro aus, was einer Steuerquote von 16 Prozent entspricht (Quelle Geschäftsberichte). Steuern die im Ausland zu zahlen sind, können wohl nicht Österreich als Negativfaktor angelastet werden!

Raiffeisenlandesbank OÖ:

Im Konzernabschluß wurden 2012 von 103 Millionen Euro Jahresüberschuss vor Steuern 6,9 Millionen Gewinnsteuern im In- und Ausland ausgewiesen, was eine Steuerquote von weniger als 7 Prozent bedeutet. Als sonstige Steuern und Gebühren sind 23,8 Millionen ausgewiesen (was überwiegend die Bankenabgabe sein dürfte) (Quelle Geschäftsbericht).

Voestalpine AG:

Die tatsächliche Steuerleistung im Konzern betrug im Geschäftsjahr 2012/13 bei einem Ergebnis vor Steuern von 655 Millionen Euro 96 Millionen Euro (In- und Ausland), dies entspricht einer Quote von 14,6 Prozent (2011/12 waren es 21,6 Prozent). Aus dem Geschäftsbericht der voestalpine AG ist ersichtlich, dass die Steuerersparnis durch die Gruppenbesteuerung (sofortige steuerliche Verrechnung von Verlusten von Tochterfirmen) 2012/13 8,2 bzw. 2011/2012 15,8 Millionen Euro betrug.

OMV AG:

Bei einem Konzerngewinn 2013 von 2.290 Millionen Euro (davon 703 Millionen in Österreich) war laut Geschäftsbericht die tatsächliche Gewinnsteuerleistung 692 Millionen Euro (davon 101 in Österreich), das ergibt eine Gewinnsteuerquote von 14,3 Prozent in Österreich. Die OMV zahlte 2013 für die Rohölförderung 429 Millionen Euro Förderzins, davon 141 Millionen an die Republik Österreich und 226 Millionen an Rumänien.

Industriellen-Präsident Kapsch:

Die Kapsch TrafficCom AG (139 Millionen Euro Umsatz; sie ist eine der wesentlichen inländischen Firmen des Kapsch-Konzerns) weist für das Geschäftsjahr 2012/13 einen Gewinn vor Steuern (EGT) von 4,6 Millionen Euro (2011/12 17,2 Millionen Euro) und eine Gewinnsteuer von 752.000 Euro (2011/12 2 Millionen Euro) aus (Jahresabschluss in Wiener Zeitung). Das bedeutet Quoten von 16 bzw. 11,6 Prozent.

Steuerpolitisch unbedingt notwendig ist eine ehestbaldige und spürbare Senkung der Lohnsteuer. Steuergeschenke an Konzerne und Selbständige sind nicht erforderlich. Im Gegenteil, neben der notwendigen und sinnvollen Gegenfinanzierung der Lohnsteuersenkung durch vermögensbezogene Steuern können auch durch die Einschränkung von Steuerprivilegien  in der Gewinnbesteuerung Einnahmen geholt werden.