Die Misere der TextilarbeiterInnen: Wo Geiz sehr ungeil ist

06. Februar 2014

Vergangenes Jahr gab es in den Textilfabriken von Bangladesch zahlreiche Unfälle und Katastrophen, bei denen weit mehr als 1.000 ArbeiterInnen starben. Zum Jahreswechsel 2013/14 kam es unter den 650.000 kambodschanischen TextilarbeiterInnen zu Streiks für die Verdoppelung ihrer Hungerlöhne. Daraufhin eröffnete die Militärpolizei das Feuer auf die DemonstrantInnen. Angesichts solcher Zustände sehen wir KonsumentInnen uns zunehmend in einer Doppelrolle: Einerseits fühlen wir uns machtlos, andererseits sind wir durch unser Kaufverhalten Täter.

Wenn ein T-Shirt nur drei Euro kostet, muss jedem klar sein, dass dieses nicht von glücklichen NäherInnen unter fairen Bedingungen aus Bio-Baumwolle hergestellt werden konnte. Aber auch hochpreisige Produkten fußen auf schlecht bezahlter Arbeit, die unter miserablen Bedingungen erbracht wurde. Pakistanische NäherInnen benötigen drei Stunden zur Herstellung eines Fußballes und erhalten dafür 60 Cent. In Indonesien wiederum bekommen die ArbeiterInnen für die Produktion eines 100 €-Schuhes 50 Cent. Diese Diskrepanz mag auf den ersten Blick verwundern und empören, aber spätestens seit Karl Marx wissen wir, dass es dem Kapitalismus nicht um ausreichende Gewinne, sondern um die stetige Profitmaximierung geht. Wie also umsteuern? Und: Was wären die Konsequenzen?

Billige Konsumgüter sind nicht billig!

Seit Jahren sinken die Nettogehälter der Werktätigen in Österreich. Damit die Menschen ihren Lebensstandard halten können, sind sie darauf angewiesen, dass viele Konsumgüter möglichst billig sind. Das geht aber nur auf Kosten der arbeitenden Menschen in der Dritten Welt, der Umwelt oder von Tieren (Fleischproduktion). Wenn weltweit menschenwürdiges Arbeiten Realität wäre, würde dies die Preise vieler Produkte erhöhen, gleichzeitig aber – durch Reduzierung der Arbeitszeiten – die Kapazitäten senken. In diesem Zusammenhang sind folgende Aspekte zu berücksichtigen.

  1. Zynischerweise sind Lohnkosten bei vielen Produkten ohnehin sehr gering. Würden die Löhne der NäherInnen beispielsweise verdoppelt, wäre die Preiswirkung bei Turnschuhen oder T-Shirts trotzdem vernachlässigbar gering.
  2. Wir müssen auch dafür sorgen, dass die Werkstätigen in den Industriestaaten ihren gerechten Anteil am gesamten Wirtschaftskuchen bekommen, die Lohnquote muss wieder steigen. Das reduziert die Abhängigkeit von möglichst billigen Produkten.
  3. Produkte sollten Richtung Langlebigkeit und Reparaturfähigkeit erzeugt werden. Derzeit gibt es bei vielen Waren eine geplante vorzeitige Lebensdauer (Stichwort Obsoleszens). Neben dieser „technischen“ Verkürzung gibt es auch eine soziale Verkürzung der Lebensdauer (z.B. Mode im Textilbereich, Handys werden oft im Jahrestakt neu angeschafft).
  4. Die Transportkosten sind zu niedrig. Das führt dazu, dass Jeans im Laufe der Erzeugung rund 50.000 Kilometer zurücklegen, ehe sie über den Ladentisch gehen. Wenn es dringend ist, kommt die H&M-Kollektion sogar per Flugzeug zu den KonsumentInnen. Niedrige Frachtraten ermöglichen erst die Produktionsverlagerung in die jeweils aktuellen Billiglohnländer, die so gegeneinander ausgespielt werden. Billiger Transport geht aber auch stets auf Kosten der Verkehrsbediensteten und der Umwelt. Um dem Transport einen fairen Preis zu geben, müssen sich die Arbeitsbedingungen in der Branche (z.B. Seeleute, LKW-FahrerInnen) verbessern und es müsste echte Kostenwahrheit eingeführt werden. So ist es völlig anachronistisch, dass für Flugbenzin und Schiffsdiesel keine Steuern eingehoben werden.
  5. Viele Produkte werden nur aufgrund des geringen Preises so häufig gekauft. So hat jeder österreichische Haushalt statistisch zwei TV-Geräte. Die ÖsterreicherInnen essen mehr Fleisch, als ihnen gut tut; weil es billig ist. Billig deshalb, weil z.B. das Tierfutter (Soja) von unterbezahlten LandarbeiterInnen auf den Flächen gerodeter Regenwälder angebaut wird. Unser Konsumverhalten ist also –sowohl quantitativ als auch qualitativ – zu hinterfragen.

Ein wichtiger erster Schritt wären existenzsichernde Löhne in den Herstellungsländern. Die Clean Clothes-Kampagne hat dazu eine Online-Petition gestartet. Mit der Unterzeichnung bekräftigt man die Forderung, dass die Frauen und Männer, die unsere Kleidung nähen, genug verdienen sollen, um ihre Familien zu ernähren, ihre Miete zu bezahlen und ein menschenwürdiges Leben zu führen. Mehr dazu unter: www.cleanclothes.at