Bei Vermögenseinkommen gibt es keinen Mittelstand

15. Januar 2014

Wie hoch ist das jährliche Einkommen aus Ihrem Vermögensbesitz? Könnten Sie auf Ihren Arbeitsplatz verzichten und ausschließlich von Mieteinkünften, Zinsen, Dividenden, Gewinnausschüttungen und ähnlichem leben? Falls Sie diese Frage verneinen, dann zählen Sie nicht zu den obersten wenigen Prozent, die dies durchaus könnten und aus diesem Umstand heraus mit einer gewissen Gelassenheit in die Zukunft blicken können.

Laut einer Studie der Wirtschaftsuniversität Wien und den Arbeiterkammern Wien und Niederösterreich, auf der dieser Beitrag beruht, ergibt sich ein interessantes Bild einer noch wenig beleuchteten Thematik in Österreich: Das Ausmaß und die Verteilung von Vermögenseinkommen. Dank einer von der OeNB (im Auftrag der EZB) erstmals durchgeführten Erhebung von Vermögensdaten in privaten Haushalten (Houeshold Finance and Consumption Survey, HFCS) lassen sich für das Jahr 2010 erstmals genaue(re) Aussagen über diesen Zusammenhang treffen.

Die Daten, die ausschließlich in Form von persönlichen Interviews am Wohnort erhoben wurden, umfassen viele detaillierte Fragen zur finanziellen Lage des Haushalts. Querprüfungen, Vor-Ort-Abgleiche und andere technische Methoden senken die Fälle von Irrtümern seitens des Befragten und erhöhen die Qualität der Daten. Dennoch sind in der Erhebung keine Milliardärshaushalte zu finden, womit die Berechnungen der Vermögenskonzentration tendenziell eine Untergrenze darstellen dürfte.

Das oberste Prozent erhält 52% der Vermögenseinkommen

Wenn in weiterer Folge von Vermögenseinkommen gesprochen wird, so ist damit ausschließlich das monetäre Kapitaleinkommen gemeint. Andere Vorteile durch Vermögen (wie beispielsweise den Vorteil einer Eigentumswohnung oder eines Hauses, für die oder das keine Miete bezahlt werden muss) bleiben außer Acht, obgleich dies auch in geldwerten Vorteilen bemessen werden könnte.

Die gute Nachricht ist, dass mehr als drei Viertel der österreichischen Haushalte über Kapitaleinkommen verfügen. Die Höhe ist in diesem Fall aber der springende Punkt: Der Medianhaushalt, also der, der in der Einkommensverteilung genau die Mitte darstellt, hätte etwa 200 Euro im Jahr. Das mag für die untersten 49% noch viel erscheinen, ist jedoch bei der Betrachtung des Durchschnitts, der bei immerhin jährlich 3.251 Euro liegt, doch sehr mager. Als Lebensgrundlage reicht der Durchschnitt allerdings noch bei weitem nicht. Demgegenüber stehen eine kleine Anzahl von Haushalten, auf welche die Vermögenseinkommen konzentriert sind. Der Haushalt, der genau an der Stelle liegt, dass er 99% unter sich und 1% über sich hat, kann beispielsweise von seinem Vermögenseinkommen, etwa 71.000 Euro, sein Leben bestreiten.

Weitere Zahlen lassen die extreme Ungleichheit in der Verteilung erahnen: das oberste Prozent der KapitaleinkommensbezieherInnen erhalten 52% des gesamten Kaptaleinkommens und die obersten 10% erhalten 89%, was in letzter Konsequenz zu einem Gini-Index von 0,91 führt (der Gini-Index liegt zwischen 0 und 1, wobei 1 die absolute Ungleichheit darstellt).

Unternehmensbeteiligungen sind am obersten Rand wichtigste Kapitaleinkommensquelle

Dekoratives Bild © A&W Blog
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Anhand dieser Abbildung wird das Ausmaß der Ungleichverteilung noch deutlicher: Hier werden für alle erwerbstätigen Haushalte die Arbeits- und Vermögenseinkommen gemeinsam betrachtet. Nur für wenige Haushalte an der Spitze der Verteilung sind die Zuverdienste aus Kapitaleinkommen eine relevante Größe. Das bestverdienende Prozent lukriert aus dem gesamten Kapitaleinkommen etwa ein Drittel des gesamten Einkommens oder mehr als 100.000 Euro pro Jahr. Das entspricht etwa 8.000 Euro im Monat. Der mit Abstand größte Teil dieses Einkommensbestandteils kommt aus Gewinnausschüttungen von Unternehmensbeteiligungen.

Vermögen und Arbeit müssen steuerlich endlich gleichgestellt werden

Wenn ein Mensch arbeitet, so unterliegt dieses Einkommen einer (progressiven) Einkommensteuer. Wenn allerdings das Geld „arbeitet“ und dies zudem fleißig und üppig tut, so entwischt es im Gegensatz zum Menschen dieser Progression und wird unabhängig von der Höhe immer gleich besteuert. Warum sollte Vermögen besser als Arbeit behandelt werden? Die Entlastung des Faktors Arbeit und die stärkere Belastung von Vermögen stellen zudem ein wachstumsfreundlicheres Umfeld sicher.

Einkünfte aus Kapitalvermögen, wozu Zinserträge aus Sparguthaben und Wertpapieren, Dividenden und Ausschüttungen aus Anteilen an Kapitalgesellschaften oder Investmentfonds zählen, unterliegen in Österreich der Kapitalertragssteuer von 25% und sind damit endbesteuert. Auch Einkünfte aus der Veräußerung von Wertpapieren sowie aus Grundstücksveräußerungen unterliegen seit 2012 mit einem festen Satz von 25% der Wertpapier- bzw. Immobilienertragssteuer. Für die Gewinnentnahmen aus Unternehmensbeteiligungen ist ebenfalls, so sie nicht Einkommen aus einem landwirtschaftlichen Betrieb bzw. einem Personenunternehmen sind, Kapitalertragssteuer zu zahlen. Lediglich Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung müssen in der Einkommensteuererklärung angegeben werden und unterliegen progressiven Steuersätzen, wobei auch diese besser gestellt sind, da sie nicht sozialversicherungspflichtig sind.

Vermögen ist noch weitaus stärker konzentriert als Einkommen und hat zudem den Vorteil, dass es ohne großen Aufwand die BesitzerInnen (meist ist es die Generation) wechseln kann. Dies stellt eine leistungslose Übervorteilung dar, die im Sinne einer Chancengleichheit nicht vertretbar ist. Erbschaftssteuern, allgemeine Steuern auf Vermögen und darüber hinaus die Gleichbehandlung der Einkünfte aus Arbeit und Vermögen wären daher eine mögliche Form, diesem Ziel ein Stück weit näher zu rücken.