Arbeitsplätze durch Innovation

16. Juli 2013

Im Auftrag der AK untersuchte das WIFO, wie sich technische Innovationen auf die Beschäftigung auswirken. Das Ergebnis: Die in der Studie hochgerechneten Beschäftigungseffekte für die untersuchten Innovationen im Zeitraum 2004 bis 2006 ergeben, dass diese in den beiden Folgejahren für über ein Drittel des gesamten damaligen Beschäftigungszuwachses in Österreich verantwortlich waren. Netto wurden jährlich 19.000 Arbeitsplätze geschaffen – überwiegend durch Prozess- bzw. Produktinnovationen. Damit wird deutlich, dass das Angebot innovativer und qualitativ hochwertiger Produkte und Dienstleistungen und keine rein kostenorientierte Strategie, die auf Massenproduktion und Lohndruck abzielt, für Österreichs Wirtschaft am erfolgversprechendsten ist. Eine aktivere Innovationspolitik, Verbesserungen im Bildungssystem und die Einbindung der Belegschaft sind daher gefordert, um mehr Beschäftigung durch Innovation zu schaffen.

Grundlage für die vom WIFO im Auftrag der AK erstellte Studie bildete eine Erhebung technischer Innovationen im Zeitraum 2004-2006. Untersucht wurde die Wirkung von Produkt-, Dienstleistungs- und Prozess-/Verfahrensinnovationen sowie Marktneuheiten auf das dadurch ausgelöste Beschäftigungswachstum in den Folgejahren (2006-2008) von österreichischen Unternehmen in der Sachgütererzeugung und im Dienstleistungsbereich.

Innovation ist mehr als nur Forschung und Entwicklung (F&E)

Viele Studien beziehen sich auf den viel engeren F&E-Begriff und lassen daher die Auswirkungen mancher erfolgreicher Innovationen unberücksichtigt. Die empirische Analyse basiert auf einer erstmaligen Verknüpfung der Daten von 3.150 Unternehmen in der Europäischen Innovationserhebung (CIS) mit der Leistungs- und Strukturstatistik.

Es ist die erste Studie, die Beschäftigungseffekte von Innovationen nach Abschluss ihrer erfolgreichen Einführung untersucht und nicht während ihrer Einführung. Es ist auch die erste Studie in Österreich, die erstens zwischen Produkt- und Dienstleistungsinnovationen unterscheidet und dabei die Beschäftigungseffekte von Innovationen für Unternehmensgruppen mit unterschiedlichem Beschäftigungswachstum untersucht (schnell wachsend, durchschnittlich wachsend, schrumpfend).

Die Analyse bezieht sich allerdings auf den Zeitraum vor der Finanz- und Wirtschaftskrise, sodass eine Untersuchung für den Zeitraum nach 2008 möglicherweise andere Resultate bringen würde. Einschränkend ist weiters anzumerken, dass Innovation nur eines von mehreren Faktoren ist, welches das Unternehmenswachstum und die Beschäftigungsentwicklung bestimmt.

Beschäftigungswachstum bei innovativen Unternehmen stärker

Unternehmen, die neue oder verbesserte Produkte erfolgreich eingeführt haben, weisen in den zwei Jahren danach ein um durchschnittlich 1,7 Prozentpunkte pro Jahr höheres Beschäftigungswachstum auf als Nicht-Innovatoren.

Entgegen der weit verbreiteten Meinung, dass Prozessinnovationen Arbeitsplätze „wegrationalisieren“, zeigt sich in der Studie, dass Prozessinnovationen das Beschäftigungswachstum um 1,2 Prozentpunkte pro Jahr verstärken. Die arbeitssparenden direkten Effekte werden je nach Wettbewerbssituation durch die Produktivitätssteigerung (Folge: niedrigere Preise, höherer Absatz und damit mehr Beschäftigung) überkompensiert.

Dienstleistungsinnovationen haben hingegen nur sehr geringe Beschäftigungseffekte. Eine Begründung dafür ist nicht einfach, da der Dienstleistungssektor sehr heterogen ist.

Die Einführung von Marktneuheiten bringt ein Plus bei der Beschäftigung von 1,2 Prozentpunkten gegenüber Nicht-Innovatoren.

Abbildung: Beschäftigungsvorsprung von technischen Innovationen gegenüber Nicht-Innovatoren (in %) – bei konstanter Firmengröße

Dekoratives Bild © A&W Blog
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Quelle: CIS 2006 und LSE 2004-2008. Statistik Austria, WIFO-Berechnungen

Die positiven Beschäftigungseffekte von Produkt- und Prozessinnovationen lassen sich übrigens auch für Unternehmen mit sinkender Beschäftigung nachweisen. Das heißt, dass Innovationen nicht nur in Unternehmen mit steigender Beschäftigung neue Arbeitsplätze schaffen, sondern auch dem Arbeitsplatzabbau in schrumpfenden Unternehmen entgegenwirken (Verringerung des Beschäftigungsrückganges) – und so zur Sicherung bestehender Arbeitsplätze beitragen.

Die in der Studie hochgerechneten Beschäftigungseffekte ergeben, dass durch Innovationen in Österreich im Betrachtungszeitraum netto 19.000 Arbeitsplätze geschaffen wurden: 8.000 durch Produktinnovationen und 11.000 durch (die häufiger stattfindenden) Prozessinnovationen. Somit sind 35 Prozent des damaligen Beschäftigungszuwachses in Österreich auf Innovationen zurückzuführen.

Innovation statt Massenproduktion über Lohndruck

Innovation ist ein Schlüssel für die Schaffung und Erhaltung von Arbeitsplätzen. Zudem liegen die Chancen der österreichischen Wirtschaft sowie ihrer Arbeitsplätze im Rahmen der internationalen Arbeitsteilung im Angebot innovativer und qualitativ hochwertiger Produkte und Dienstleistungen und nicht in einer rein kostenorientierten Strategie, die auf Massenproduktion und Lohndruck abzielt.

Eine aktive Innovationspolitik ist gerade vor dem Hintergrund eines rauen wirtschaftlichen Umfeldes wichtig, da Investitionen in Innovationen schon in konjunkturell guten Phasen für die Unternehmen ein höheres Risiko bedeuten, als Investitionen in Sachanlagen.

Steigende Beschäftigung und wachsende Einkommen sind wichtige Treiber sowohl für die Innovationsbereitschaft der Unternehmen als auch für die Kunden, die angebotenen neuen Produkte und Dienstleistungen auch tatsächlich zu erwerben. Für eine wachsende Innovationsdynamik sind daher positive Erwartungen im Hinblick auf die wirtschaftliche Entwicklung und die Steigerung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage notwendig.

Umfassendere Strategie plus Umsetzung nötig

Hier müssen auch seitens der öffentlichen Hand entsprechende Anreize – strategisch sinnvoll, zielgerichtet und effizient – gesetzt werden. Die österreichische Bundesregierung hat im März 2011 eine Strategie für Forschung, Technologie und Innovation beschlossen, welche ein Bekenntnis für die Bedeutung von Innovation für Österreich darstellt. Manches wurde bereits umgesetzt, vieles ist aber noch offen. Im Sinne einer effizienten und effektiven Innovations- und F&E-Förderung wäre eine Evaluierung der Wirkungsweise steuerlicher F&E-Förderungen auf Unternehmensebene dringend geboten, da diese, obwohl sehr umstritten, in den letzten Jahren stark ausgebaut wurde. Wichtig wäre auch  eine Bündelung der wesentlichen forschungs- und innovationspolitischen Agenden auf Regierungsebene. Vor allem bedarf es aber auch einer Reform und eines Ausbaus des Bildungssektors, der eine wesentliche Voraussetzung für den Erfolg der innovationspolitischen Strategie ist.

Bildung als Schlüssel

Die heimische Wirtschaft ist erfolgreich auf Branchen spezialisiert (z.B. Automobilzulieferer, Maschinenbau), die vor allem berufsspezifische Qualifikationen benötigen, also Lehre und berufsbildende mittlere und höhere Schulen. Bei der Einführung neuer Querschnittstechnologien und bei F&E sind darüber hinaus aber auch verstärkt berufsübergreifende Fähigkeiten wichtig.

Zudem erfordert auch die wachsende Zahl innovationsintensiver Unternehmen immer mehr HochschulabsolventInnen. Will man hier eine ernst zu nehmende Innovationsbarriere vermeiden, ist die Umsetzung des von der Bundesregierung bereits beschlossenen Ziels der ambitionierten Erhöhung der Hochschulfinanzierung auf 2 Prozent des BIP bis 2020 notwendig. Damit soll auch der Fachhochschulsektor weiter ausgebaut werden, und hier insbesondere die MINT-Berufe (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik) bzw. berufsbegleitende Lehr- und Studiengänge.

Letztlich ist für den Innovationsprozess im Betrieb auch der Zugang zu betrieblicher Weiterbildung entscheidend. Eine Arbeitswoche pro Jahr innerhalb der bezahlten Arbeitszeit sollte Mindeststandard sein.