Arbeiten mit Kunden/-innen – eine besondere Leistung

30. Oktober 2017

Beschäftigte mit ständigem Kundenkontakt erbringen tagtäglich eine besondere, aber leider sehr oft nicht sichtbare Leistung: Sie müssen zu ihren Kunden/-innen immer freundlich sein, egal wie es ihnen gerade selber geht oder wie herablassend der Kunde/die Kundin gerade ist. Es wird mit Menschen gearbeitet, die jeweils eigene Interessen und Bedürfnisse haben. Daher benötigt diese besondere Arbeit auch eine besondere Anerkennung, höhere Entlohnung und Wertschätzung!

Die Ergebnisse der zweiten europaweiten Unternehmensbefragung der EU-OSHA, kurz ESENER-2, zeigen, dass der größte Risikofaktor in Betrieben der Umgang mit schwierigen Kunden/-innen, Patienten/-innen bzw. Schülern/Schülerinnen ist (58 Prozent). Erst an siebter Stelle steht der Risikofaktor Zeitdruck! In den Branchen Handel, Transport, Gastgewerbe/Beherbergung und Erholung ist dieser Wert mit 62 Prozent sogar noch höher.

Auch der „Österreichische Arbeitsklima Index“ der Arbeiterkammer Oberösterreich zeigt: Ständiger Kundenkontakt belastet enorm. Arbeitnehmer/-innen in Branchen mit viel Kundenkontakt – wie Gastronomie, Tourismus und Handel – sind deutlich unzufriedener als jene ohne Kundenkontakt.

Bei den Beschäftigten, die keinen Kundenkontakt haben, sind 87 Prozent mit ihrer beruflichen Tätigkeit insgesamt zufrieden. Bei den Beschäftigten mit Kundenkontakt sind es nur 78 Prozent.

Mehr Möglichkeiten zur Weiterbildung

Entscheidend für die Zufriedenheit der Beschäftigten ist es, Entwicklungsmöglichkeiten anzubieten. Nur gut die Hälfte der Beschäftigten mit Kundenkontakt ist mit den Weiterbildungsmöglichkeiten in ihrem Unternehmen zufrieden, bei den Aufstiegsmöglichkeiten sind es noch weniger. Gerade für schwierige Situationen mit Kunden/-innen bräuchten die Beschäftigten die richtigen Kompetenzen, wie z. B. Konflikttraining oder Deeskalationstraining. Die Fähigkeit, mit schwierigen Kunden/-innen richtig umzugehen, kann nicht vorausgesetzt werden, sie muss vielfach erlernt und trainiert werden, sonst droht eine Überforderung der Beschäftigten. Wichtig sind auch klare Regelungen für den Umgang mit unangemessenem Verhalten respektloser oder aggressiver Kunden/-innen – die Beschäftigten müssen sich auf entsprechende Unterstützung verlassen können.

Lob und Anerkennung durch die/den Vorgesetzte/n

Eine wichtige selbstwertdienliche Ressource für die Beschäftigten ist neben der Bezahlung die Wertschätzung in Form von Lob und Anerkennung sowohl durch Kunden/-innen als auch durch die Führungskraft. Auch ein positives Arbeitsklima, ein gutes Miteinander im Team, Rückhalt durch die/den Vorgesetzte/n, wenn sich Kunden/-innen nicht zu benehmen wissen, wirken positiv und entlastend auf Mitarbeiter/-innen mit Kundenkontakt. Gefordert ist eine wertschätzende Führungskultur – diese fehlt aber oft. Die Daten des „Österreichischen Arbeitsklima Index“ der Arbeiterkammer Oberösterreich zeigen ganz eindeutig, dass Beschäftigte mit Kundenkontakt unter einer schlechten Führungskraft leiden: Nur 67 Prozent der Befragten sind mit dem Führungsstil durch die Vorgesetzten zufrieden (Grafik 2). Mit den Möglichkeiten über Arbeitsabläufe selbst zu bestimmen, sind nur 61 Prozent der Beschäftigten mit Kundenkontakt zufrieden und mit den Mitbestimmungsmöglichkeiten der Arbeitnehmer/-innen sogar nur knapp mehr als die Hälfte (54 Prozent) der Befragten.

Rückzugsmöglichkeiten schaffen

Schaut man auf die beruflichen Belastungen, welche die Beschäftigten in kundenkontaktintensiven Branchen erleben, lässt sich ganz allgemein sagen, dass die Beschäftigten mit Kundenkontakt um ein Vielfaches höher belastet sind als jene Mitarbeiter/-innen ohne Kundenkontakt.

Grafik 3 zeigt diesen Aspekt im Detail. So sind für Mitarbeiter/-innen mit Kundenkontakt mangelnde Rückzugsmöglichkeiten fünfmal, unregelmäßige Arbeitszeiten mehr als viermal und die mangelnde Unterstützung durch Vorgesetzte annähernd dreimal so belastend. Reduziert man diese Belastungen so weit wie möglich, ist schon ein großer Schritt getan, um die Beschäftigten zu entlasten und gute Arbeitsbedingungen zu ermöglichen. Konkret bedeutet das, entsprechende Rückzugsmöglichkeiten zu schaffen und den Mitarbeiter/-innen zu ermöglichen, diese aufzusuchen, Arbeitszeiten so zu gestalten, dass sie planbar sind, Führungsverantwortung als Vorgesetzte wahrzunehmen und den Beschäftigten in kritischen/eskalierenden Fällen unterstützend zur Seite zu stehen sowie Kontroll- und Überwachungsmechanismen zu reduzieren.

Betrachtet man den Gesundheitszustand der Beschäftigten mit Kundenkontakt, so lässt sich feststellen, dass Beschäftigte mit Kundenkontakt häufiger von gesundheitlichen Beschwerden betroffen sind, als jene Mitarbeiter/-innen ohne Kundenkontakt. Grafik 4 zeigt, dass fast jede/r zweite Beschäftigte mit Kundenkontakt Muskelverspannungen im Nacken- und Schulterbereich (43 Prozent) sowie Kreuzschmerzen oder Probleme mit dem Rücken (43 Prozent) hat und annähernd jede/n dritte/n Beschäftigte/n plagen Kopfschmerzen/Migräne (29 Prozent). Gesundheitliche Belastungen treffen Beschäftigte mit Kundenkontakt in allen Bereich häufiger. Vor allem im Bereich „Erschöpfung, Mattigkeit“ zeigt sich ein sehr prägnantes Bild: Während 14 Prozent der Beschäftigten ohne Kundenkontakt angaben, unter Erschöpfung oder Mattigkeit zu leiden, sind es bei den Beschäftigten mit Kundenkontakt doppelt so viele (28 Prozent). Das zeigt wieder einmal mehr, welche enorme Leistung es ist, tagtäglich mit Kunden/-innen zu arbeiten!

Fazit

All diese Tatsachen machen klar, dass sich aus der Arbeit mit Kunden/-innen nicht nur neue Anforderungen an die Arbeitsgestaltung ergeben, sondern die Arbeitsbedingungen so zu gestalten sind, dass „gute Arbeit“ möglich ist. Gute Arbeitsbedingungen enstehen auch im Dienstleistungssektor nicht von selbst – sie bedürfen einer aktiven Einflussnahme und Gestaltung. Es braucht neben einer fairen Entlohnung eine Aufwertung der Arbeit mit Kunden/-innen, denn schließich erbringen die Beschäftigten tagtäglich besondere Leistungen, die herausfordernd sind und mehr Anerkennung und Wertschätzung bedürfen. Eine Unternehmenskultur mit klaren Regelungen und Anerkennung der Leistungen ist daher sehr wünschenswert.