Anlaufstelle für undokumentierte Arbeitnehmer_Innen

14. November 2013

Undokumentiert beschäftigte ArbeitnehmerInnen haben Rechte: Sie sind krankenversichert und haben Anspruch auf das Entgelt, das sie erhalten hätte, wenn sie erlaubt beschäftigt gewesen wären. Die Durchsetzung dieser Rechte ist aber schwer, für die Betroffenen ohne Hilfe oft unmöglich. Eine Anlaufstelle für undokumentiert beschäftigte ArbeitnehmerInnen soll diese Hilfe ermöglichen. 

Lohnarbeit von MigrantInnen ohne Aufenthalts- und/oder Arbeitspapiere ist unsicher, schlecht bezahlt und gefährlich. Trotzdem existiert sie, das ist allgemein bekannt: Vermutlich gibt es niemand, der/die nicht entweder selbst undokumentiert arbeitende ArbeitnehmerInnen beschäftigt oder nicht zumindest Personen kennt, die dies tun. Ein Unrechtsbewusstsein bzw. Bewusstsein über Ausbeutung (typischerweise Beiträge zur Sozialversicherung, sehr oft aber auch Differenz zum Mindestentgelt, Urlaubsgeld, Weihnachtsremuneration) ist dabei oft nicht vorhanden.

Wozu braucht es eine eigene Anlaufstelle?

Im konventionellen Beratungsspektrum von Arbeiterkammern, Gewerkschaften aber auch NGOs hat diese Gruppe sehr oft keinen Platz. Aus diesem Grund ist es nötig, eine eigene Anlaufstelle zu schaffen: Denn der Kampf gegen Lohn- und Sozialdumping wäre nicht vollständig, wenn wir nicht auch aktiv gegen dessen perfideste Form vorgehen würden: Das Ausnützen einer zwangsläufig schwachen Position von undokumentiert arbeitenden Kolleginnen. Es wäre auch sozialpolitisch unerträglich, wenn wir Stundenlöhne von unter € 5 pro Stunde einfach so hinnehmen würden. Die Anlaufstelle soll aber mehr sein als eine bloße Beratungseinrichtung im Einzelfall: Neben der Hilfestellung bei der konkreten Rechtsdurchsetzung (in enger Zusammenarbeit mit AK und Gewerkschaften) soll die Anlaufstelle auch Fälle dokumentieren und politische Lösungsmöglichkeiten aufzeigen.

Rechte von undokumentiert arbeitenden Personen

Ein Arbeitsvertrag, der entgegen den Vorschriften des AuslBG geschlossen wird, ist zwar nichtig, allerdings haben die KollegInnen die gleichen Ansprüche wie auf Grund eines gültigen Arbeitsvertrages. In der Kranken- Unfall- und Pensionsversicherung werden Zeiten einer unrechtmäßigen Beschäftigung (trotz Nichtigkeit des arbeitsrechtlichen Vertrages) als Versicherungszeiten gewertet und es entstehen auch die daraus resultierenden Ansprüche, da die Versicherungspflicht nur die tatsächliche entgeltliche Beschäftigung in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit, aber keinen gültigen Arbeitsvertrag voraussetzt. Natürlich werden in der Praxis Leistungen aus der Krankenversicherung schwer durchzusetzen sein, da die Personen entweder über keine E-Card verfügen oder diese keine Versicherung anzeigen wird.

Können Betroffene diese Rechte auch geltend machen?

Zudem ist klar, dass die Durchsetzung dieser Rechte nicht immer risikofrei in Bezug auf den Aufenthaltsstatus ist. In der Broschüre „Arbeit ohne Papiere,…aber nicht ohne Rechte!“ werden daher für alle Aufenthaltsberechtigungen von Drittstaatsangehörigen die möglichen aufenthaltsrechtlichen Risiken für eine Durchsetzung von Rechten bei undokumentierter Arbeit erörtert.

Viele der Betroffenen finden nicht den Weg zu Arbeiterkammern oder Gewerkschaften, teils weil diese Organisationen zu hochschwellig sind, teils weil die betroffenen ArbeitnehmerInnen ihre Rechte nicht kennen oder aber fürchten, dass sie durch eine Geltendmachung selbst ihren (oft viel zu niedrigen) Lohn oder den ihrer KollegInnen gefährden könnten. Daher ist es notwendig, diese KollegInnen „dort abzuholen, wo sie sind“. Manchmal mag der Rat der Beraterin bzw. des Beraters im Einzelfall sein, dass es für Betroffene (bei individueller Betrachtung) besser ist, ihre Ansprüche nicht geltend zu machen. In vielen Fällen aber wird es rechtliche Möglichkeiten geben, den Betroffenen zu helfen.

Die Anlaufstelle steht nun knapp vor der Realisierung

Wenn noch die letzten Hindernisse aus dem Weg geräumt werden, kann die Anlaufstelle für undokumentierte ArbeitnehmerInnen Anfang des Jahres 2014 eröffnet werden. Das wäre ein großer Erfolg, aber gleichzeitig nur ein erster Schritt: Die wesentliche Arbeit (konkrete Durchsetzung von Ansprüchen, Bewusstseinsbildung etc.) fängt dann gerade erst an.

Dieser Beitrag ist eine gekürzte und überarbeitete Version eines Artikels, der im aktuellen infobrief EU & international, Ausgabe 4/2013 erschienen ist.